faktor_GOE_2024_01_KOMPLETT_BLÄTTERAUSGABE
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nachhaltigkeit<br />
» Man darf Antidemokraten keine Macht übertragen. Nie wieder.<br />
Danke, dass ich in diesem Geiste 25 Jahre in diesem Haus arbeiten durfte. «<br />
Pressesprecher und freier Journalist. In den Jahren seines<br />
Wirkens habe Göttingen eine „erstaunliche Entwicklung“<br />
durchgemacht. Es sei ihr gelungen, Stärken in den Bereichen<br />
der ,Human Science and Research‘ in wirtschaftliche<br />
Aktivitäten umzusetzen. Unternehmen wie Sartorius<br />
schafften es in den DAX, drum herum haben sich weitere<br />
Cluster entwickelt. Der Schwerpunkt der Stadt sei lange<br />
nicht mehr ,Prüfen‘ und ,Messen‘. „Insofern glaube ich,<br />
dass wir als Stadt auf einem guten Weg sind“, sagt Trittin.<br />
Kern- und Drehpunkt aber bleibe die Universität. Ein Faktum,<br />
das gehegt und gepflegt werden müsse, und das laut<br />
Trittin auch für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes<br />
Niedersachsens „von zentraler Bedeutung“ sei. Ob das in<br />
Hannover auch so gesehen werde, bezweifelt er aber.<br />
WAS BLEIBT, HERR TRITTIN?<br />
Dort und in Berlin war und ist Jürgen Trittin immer auf<br />
der Suche nach Verbündeten. „Egal in welcher Konstellation<br />
regiert wurde, hatten wir eine tolle Zusammenarbeit“,<br />
sagt Trittin und hofft, dass nach der nächsten Bundestagswahl<br />
2025 wieder mehr Abgeordnete aus Südniedersachsen<br />
und speziell Göttingen nach Berlin entsandt werden.<br />
Nicht immer hat die Arbeit mit Verbündeten aber<br />
funktioniert. Dass der Bund 2<strong>01</strong>3 versuchte, die Bankenkrise<br />
und die Schulden mit 80 Milliarden Euro auszugleichen,<br />
ärgert Trittin noch heute. Auch weil die anschließende<br />
Wahl – vermutlich deshalb – verloren ging. Eine Niederlage,<br />
aus der Trittin im Anschluss versuchte zu lernen.<br />
„Das Wichtigste ist ja nicht, dass man keine Fehler macht“,<br />
sagt Trittin. „Gute Systeme sind fehlerredundante Systeme,<br />
in denen Fehler gemacht werden können. Aber es ist immer<br />
die Herausforderung, dass man daraus lernt.“ Auch,<br />
dass die Landkreise Göttingen und Northeim aus ihren<br />
Standorten niemals einen gemacht haben, sieht er als<br />
Fehler. „Das hätte Northeim gutgetan, und das hätte Göttingen<br />
gutgetan.“ Die Kreisfusion von Göttingen und Osterode<br />
sieht er heute als „historische Leistung“ an.<br />
NACH SEINEM POLITISCHEN ABSCHIED will Jürgen<br />
Trittin Göttingen treu bleiben. Der leidenschaftliche Läufer<br />
und Wanderer fühlt sich zwischen Kiessee und Wall<br />
wohl. „Ich habe mich immer bemüht, Werbung für den<br />
Standort zu machen.“ Im Sommer 2023 habe er den Entschluss<br />
gefasst, aufzuhören. Nur wenigen erzählte er davon,<br />
kurz vor Weihnachten machte er es offiziell. Auch die<br />
Zahl 25 spielte eine Rolle, mit dem Ende seines Mandats<br />
wären 27 Jahre voll gewesen – erst 2025 wird erneut gewählt.<br />
„Mir war klar, dass ich nicht noch einmal kandidieren<br />
werde.“ Was von seinem Wirken übrig bleibt, müssen<br />
laut Trittin andere bestimmen. Wenn heute mehr als die<br />
Hälfte des Stroms aus erneuerbarer Energie gewonnen<br />
und bis 2030 das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet wird,<br />
„dann sind das Dinge, die bleiben und zu denen ich einen<br />
Beitrag geleistet habe“. Und jetzt? Reden halten, Bücher<br />
schreiben? Was kommt, „werde man sehen“, sagt er. Bei<br />
seiner letzten Rede im Bundestag wurde Trittin zum Abschied<br />
noch einmal versöhnlich, aber deutlich. „Man darf<br />
Antidemokraten keine Macht übertragen. Nie wieder.<br />
Danke, dass ich in diesem Geiste 25 Jahre in diesem Haus<br />
arbeiten durfte.“ ƒ<br />
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