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Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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IAAF bekommt 2012 aus beiden Töpfen 35 Millionen Dollar<br />

(2008: 29), die "Bs" 18,7 (14,3).<br />

Der Verteilungsschlüssel ist einigen Verbänden schon seit<br />

geraumer Zeit ein Dorn im Auge. In Dubai, wo Ende April die<br />

in der ASOIF vereinigten olympischen Sommersportverbände<br />

tagten, wagten nun die Schwimmer ganz offiziell die Attacke<br />

auf die Leichtathleten. Die FINA stellte die Vorrangstellung<br />

der IAAF in Frage und regte die Änderung des Ausschüttungsverhältnisses<br />

an. Die augenblickliche Rangfolge spiegele<br />

die Realität nicht wider, die Peking-Spiele hätten bewiesen,<br />

dass Schwimmen doch zumindest auf gleicher Höhe mit<br />

der Leichtathletik angeschlagen und die Medaillen sammelnde<br />

Wasserratte Phelps das Fernduell der Wunderknaben mit<br />

Blitz Bolt ja eher gewonnen habe.<br />

Der Vorstoß der FINA, der diesmal noch abgeschmettert<br />

wurde, aber nach London 2012 vermutlich noch einmal<br />

unternommen wird, trifft die Weltleichtathletik an einer<br />

empfindlichen Stelle. Nicht nur die Konkurrenz stellt ihre<br />

olympische Nummer-eins-Position in Frage, auch intern<br />

mehren sich die Stimmen, die sich um den Stellenwert<br />

sorgen. Baustellen sind, neben nicht unumstrittenen Strategien<br />

bei der globalen Ausrichtung des Verbands, die Abhängigkeit<br />

der Ökonomie des Gemeinwesens vom Weltwirtschaftsklima<br />

und das durch das Dopingproblem latent<br />

gefährdete Vertrauensverhältnis zur Öffentlichkeit. Letzteres<br />

wiederum korreliert mit dem ökonomischen Zustand der<br />

IAAF.<br />

Als zu Beginn des Jahres mit dem Olympiasieger und Weltmeister<br />

über 400 m, LaShawn Merritt, erstmals nach der<br />

Balco-Affäre in den USA wieder ein höchst prominenter<br />

Athlet in die Falle der Dopingjäger ging, mahnte der Generalsekretär<br />

des US-Verbands, Doug Logan, die Auswirkungen<br />

dieses Falles gingen weit über Merritt hinaus. Es sei die Art<br />

des Athletenverhaltens - der Läufer hatte sich mit der dämlichen<br />

Ausrede, aus Sorge um sein Geschlechtsteil habe er ein<br />

verbotenes Mittel eingenommen -, die "den Wert des Sports<br />

in der kommerzialisierten Welt vermindert". Soll auch heißen:<br />

Solange die Leichtathletik immer wieder gestehen muss,<br />

dass unter ihren Besten Betrüger ihr Unwesen treiben, sieht<br />

sie sich zunehmenden Desinteresses ausgesetzt.<br />

Europa hat das bereits zu spüren bekommen. Der Kontinent<br />

gilt wohl immer noch als der leichtathletische Kernmarkt<br />

(zehn von 14 Eintagesmeetings der neuen IAAF-Serie Diamond<br />

League finden in Europa statt), aber die sportlichen<br />

Leistungen der Athleten aus der alten Welt bei Olympia und<br />

WM lassen sukzessive nach, und immer weniger TV-Geräte<br />

werden hier bei solchen Championaten eingeschaltet.<br />

Geschuldet ist das dem offenbar stärker als in Übersee<br />

ausgeprägten Misstrauen gegenüber manchen Sportlern und<br />

ihren Resultaten, dem Mangel an eigenen weltweit vermarktbaren<br />

Stars und der erdrückenden Dominanz der<br />

Wunderknaben und Powerfrauen aus der Karibik, den USA<br />

und Afrika. Dass die EBU, die Organisation der europäischen<br />

Staatssender, erstmals seit 1983 die TV-Rechte der IAAF<br />

nicht mehr kaufte, mag unter anderem auf die Überlegung<br />

zurückzuführen sein, die zuweilen frustrierende Vorherrschaft<br />

der Übersee-Sportler ihren Kunden nicht mehr ständig<br />

zumuten zu können. Die EBU hatte, nach der glanzvollen<br />

WM 2009, die Ware Leichtathletik als überteuert erkannt<br />

und - für den Zeitraum <strong>2010</strong> bis 2013 - 17 Millionen Dollar<br />

weniger geboten als in der vorausgegangenen Periode. Die<br />

IAAF sah sich folglich gezwungen, ihr TV-Paket (die sieben<br />

Events der WAS-Serie) zum alten EBU-Preis (80 Mio. Dollar)<br />

an das schwedisch-französische Medienunternehmen IEC zu<br />

verkaufen. Ob das ein kurzsichtiger Deal war, weil IEC unter<br />

Umständen weniger Reichweite garantieren kann, muss sich<br />

noch herausstellen.<br />

Die IAAF unter dem seit 1999 amtierenden senegalesischen<br />

Präsidenten Lamine Diack hat allem Anschein nach Europa<br />

ein Jahrzehnt sich selbst überlassen und seiner Rolle als<br />

Global Player und Entwicklungshelfer in rückständigen<br />

Kontinenten Vorrang eingeräumt. Ein IAAF-Councilmitglied<br />

hat die Vorgehensweise "Afrikapolitik mit afrikanischen<br />

Interessen" genannt, "die nicht ganz billig sind". Die Folge:<br />

die IAAF gibt mehr Geld aus als sie einnimmt. Der Schatzmeister,<br />

ein Franzose, schlug Alarm und empfahl einen<br />

Sparkurs; die Hoffnung, mit dem Geld der neuen<br />

Wettkampfserie Diamond League die Bilanz ausgleichen zu<br />

können, ging noch nicht auf. Ein Titelsponsor für die Liga<br />

war kurz vor deren Start nicht in Sicht.<br />

Die Europäer fürchten, Diack könnte 2011, wenn er 78 ist,<br />

noch mal antreten. Ein selbst gestecktes "Jahrhunderziel:<br />

Wiedergewinnung des Interesses und der Fantasie der<br />

Jugend", so formuliert in einem dieses Frühjahr herausgegebenen<br />

IAAF-Werbeprospekt ("Leichtathletik, der globale<br />

Sport"), mit dem drögen alten Herrn aus Dakar zu erreichen,<br />

können sich die Europäer nur schwer vorstellen. Sie sehnen<br />

sich nach einem eigenen, frischen, jüngeren Mann an der<br />

Spitze. Diack ist in der 98-jährigen Geschichte der IAAF der<br />

bisher einzige nicht-europäische Präsident.<br />

Wenn sie auch künftig als das wahrgenommen werden will,<br />

als das sie sich selbst sieht, als die "Essenz des Sports" (IAAF-<br />

Werbetext), was gleichzusetzen ist mit einer nachvollziehbaren<br />

überzeugend-realistischen Darstellung des olympischen<br />

Führungsanspruchs, dann muss die Leichtathletik zu oberst<br />

danach trachten, Vertrauen, nein, nicht, wie es die IAAF<br />

postuliert, zu mehren - sondern erst einmal zurück zu<br />

gewinnen. Doping darf diesen Sport nicht ins Abseits drängen.<br />

Einer, der an die Unerschütterlichkeit seines Sports<br />

glaubt, ist der britische IAAF-Mediendirektor Nick Davies. Er<br />

nannte die Nachricht vom jüngsten Dopingfall Merritt zwar<br />

"enttäuschend", das "Image der Leichtathletik aber auch<br />

stark genug, um zu überleben".<br />

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