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Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Größter Umgestalter der<br />

<strong>Olympische</strong>n Bewegung und einer<br />

der umstrittensten IOC-Präsidenten<br />

Zum Tode von Juan Antonio Samaranch Von Steffen Haffner<br />

J<br />

uan Antonio Samaranch, der Mitte April im Alter von<br />

89 Jahren in seiner Heimatstadt Barcelona verstarb,<br />

geht als der große Revolutionierer der <strong>Olympische</strong>n<br />

Bewegung in die Geschichte ein. Gründervater Pierre de<br />

Coubertin hatte die <strong>Olympische</strong>n Spiele am Ende des 19.<br />

Jahrhunderts in einer romantisierten Variante ihres antiken<br />

Vorbilds zu neuem Leben erweckt. Der knorrige Amerikaner<br />

Avery Brundage ragte (zwischen 1952 und 1972) als Kämpfer<br />

gegen die Kommerzialisierung und als Bewahrer des Amateurismus<br />

wie ein Dino in die Neuzeit. Sein spanischer Nachnachfolger<br />

als siebter Präsident des Internationalen <strong>Olympische</strong>n<br />

Komitees (IOC) räumte mit diesen Relikten der Vergangenheit<br />

radikal auf.<br />

Der kleine Katalane, der als farbloser Vorsitzender der Pressekommission<br />

unter seinem Vorgänger Lord Killanin dazu<br />

eingeladen hatte, ihn zu unterschätzen, stieg auf zu einem<br />

olympischen "Sonnenkönig" (F.A.Z.). Samaranch, der als<br />

Günstling Francos von 1977 bis 1980 geschmeidig die Kurve<br />

zum Botschafter seines nun demokratischen Landes in Moskau<br />

genommen hatte, globalisierte die Sportwelt zu einer<br />

Zeit, als der Begriff Globalisierung noch gar nicht üblich war.<br />

Symptomatisch, dass seine triumphale Wahl an die Spitze des<br />

IOC ihn 1980 in der sowjetischen Hauptstadt auf den Schild<br />

hob. Hier hatte der frühere Chef der spanischen Behörde für<br />

Sport und Körpererziehung in Madrid und Präsident des<br />

katalanischen Abgeordnetenhauses eine Art Heimspiel. Entscheidender<br />

aber war, dass Adidas-Chef Horst Dassler ihm als<br />

Stimmenbeschaffer den Weg frei machte. Und das gegen<br />

Willi Daume, die wohl bedeutendste Führungspersönlichkeit<br />

des deutschen Sports, der zudem unter dem ihm von seinem<br />

NOK aufgezwungenen Olympiaboykott litt.<br />

In seinen Anfangsjahren hatte der neue IOC-Präsident die<br />

Kraftprobe mit Monique Berlioux zu bestehen. Die machtvolle<br />

IOC-Direktorin war es gewohnt, am IOC-Sitz Château de<br />

Vidy in Lausanne nach Belieben zu schalten und zu walten.<br />

40<br />

Der irische Lord, der selten vom fernen Dublin aus einflog,<br />

hatte ihr dabei freie Hand gelassen. Die ehemalige französische<br />

Leistungs-Schwimmerin sah sich als Hüterin der Ideale<br />

Coubertins und leistete der Kehrtwende des Spaniers hin<br />

zum reinen Materialismus erbittert Widerstand. Die Administration<br />

des IOC war gespalten in ein Samaranch- und ein<br />

Berlioux-Lager. Diesem unhaltbaren Zustand machte der in<br />

Lausanne ansässige erste Vollzeit-Präsident 1985 mit der<br />

Entlassung der Direktorin des Männerordens, den er alsbald<br />

behutsam für Frauen öffnete, ein jähes Ende.<br />

Dem 1991 zum Marqués geadelten Banken-Präsidenten aus<br />

Barcelona gelang es schnell, dem unter dem Iren Killanin<br />

dahin dümpelnden IOC wieder zu politischer Bedeutung zu<br />

verhelfen. Selbstbewusst trat er als Regent des olympischen<br />

Sports den Größen der Weltpolitik auf Augenhöhe gegenüber,<br />

ohne den Gegenboykott des Ostblocks (mit Ausnahme Rumäniens)<br />

gegen die Sommerspiele von Los Angeles 1984 verhindern<br />

zu können. Doch selbst die geschmälerte Version Olympias<br />

geriet dem früheren Rollhockey-Nationaltorwart mit<br />

einem glamourösen kalifornischen Festival zu einem großen<br />

Erfolg, verstärkt durch die (von Killanin mit langem Atem<br />

betriebene) Rückkehr der Volksrepublik China zu den Spielen.<br />

Mit seiner Taktik der Umarmungen schuf sich der Betriebswirt<br />

und ausgebildete Manager mit der Vergabe von Ämtern<br />

und Auszeichnungen ein Netzwerk von Verbündeten, ohne in<br />

der Auswahl seiner "Freunde" immer zimperlich zu sein. Den<br />

heutigen IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach, der ihm beim<br />

<strong>Olympische</strong>n Kongress von Baden-Baden 1981 durch Eloquenz<br />

und Tüchtigkeit aufgefallen war, band er in die neu<br />

gegründete Athleten-Kommission ein und betraute ihn mehr<br />

und mehr mit wichtigen Aufgaben. Vielleicht hat er in ihm<br />

schon einen möglichen Nachfolger gesehen.<br />

Im Bestreben, die <strong>Olympische</strong> Bewegung in Seoul 1988<br />

wieder zusammen zu führen, dekorierte er den DDR-Regie-

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