Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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wurden und die unmittelbaren Vorbereitungen auf die ersten<br />
internen Sichtungs- und Qualifikationsrennen begannen. Der<br />
Saisonhöhepunkt wartet Mitte August mit den Weltmeisterschaften<br />
im polnischen Posen. "Je nach den Leistungen, die<br />
man bringt, werden die Boote in jedem Jahr neu zusammengesetzt.<br />
Erfolge aus dem Vorjahr zählen da nichts mehr",<br />
weiß Franziska Weber. Gerade für sie als junge Athletin gelte<br />
es darum, sich "überhaupt erst mal für ein Boot anzubieten,<br />
ganz egal welches". Ein Platz in einem Kanu, das 2012 in<br />
London um olympische Medaillen fährt, wäre ihr natürlich<br />
am liebsten. Daraus macht die junge Frau, die inzwischen an<br />
der Fachhochschule Potsdam Bauingenieurwesen studiert,<br />
keinerlei Hehl.<br />
Die Qualifikation für die Sommerspiele 2008 sei für sie in<br />
ihrem ersten Jahr bei den Senioren noch eine "unlösbare<br />
Aufgabe" gewesen. Mit Blick auf das Großereignis in zwei<br />
Jahren an der Themse soll das selbstverständlich anders<br />
werden. Die Auszeichnung als "Eliteschülerin des Jahres"<br />
komme ihr da als Motivationsspritze gerade recht. Einen<br />
ähnlichen psychologischen Schub gab es für Franziska<br />
Weber, die zwischen 2001 und 2009 vom Potsdamer Stadtteil<br />
Eiche zumeist mit dem Fahrrad, manchmal aber auch mit<br />
dem Bus zur Schule fuhr, bereits im vergangenen Jahr. Ihr<br />
Abiturzeugnis hatte sie just zur Siegerehrung zusammen mit<br />
der Bronzemedaille bei der Heim-EM am Beetzsee aus den<br />
Händen des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias<br />
Platzeck bekommen. "Ein besonderes Erlebnis, das man<br />
bestimmt nicht vergisst." Umziehen wird Franziska Weber in<br />
ihrem neuen Leben nach dem Ende der Schulzeit anders als<br />
Marie-Sophie Hindermann jedoch vorerst nicht. Das sei keine<br />
Option, winkt sie ab. "Dafür habe ich mich an meine Trainingseinheiten<br />
mit dem Fahrrad inzwischen zu gut<br />
gewöhnt."<br />
"Überragende sportliche Erfolge", "sehr gute und schulische<br />
Leistungen", "Zielstrebigkeit", "professionelle Einstellung",<br />
"Vorbildfunktion für die Mitschüler", "gute sportliche Perspektiven<br />
hinsichtlich erfolgreicher Olympiateilnahmen", all diese<br />
Kriterien erfüllen die beiden Preisträgerinnen mit Bravour, so<br />
das eindeutige Votum aus dem Arbeitskreis Eliteschulen. "Die<br />
Idee mit diesem neuen Preis finde ich großartig", sagt Eberhard<br />
Gienger, und Andreas Dittmer verspricht sich von der<br />
Neuerung zugleich eine bessere Lobbyarbeit für das Netzwerk<br />
der Eliteschulen des Sports. "Genau dahin gehen unsere<br />
Intentionen, die wir mit diesem Preis verbinden. Natürlich<br />
braucht dieses System mehr öffentliche Aufmerksamkeit, und<br />
damit ist zugleich ein Ansporn für die jungen Athleten verbunden."<br />
Die Eliteschulen als Einrichtungen an sich seien<br />
"inzwischen kein Fremdwort mehr". Doch was dort genau<br />
geschieht, wie an diesen Einrichtungen der Alltag für die<br />
jungen Sportler aussieht und unter welchen Bedingungen sie<br />
dort lernen, trainieren und leben, das sei noch viel zu wenig<br />
bekannt.<br />
Für Dittmer selbst jedenfalls, der in seiner aktiven Zeit die<br />
Eliteschule in Neubrandenburg durchlief, und die beiden<br />
Preisträgerinnen Marie-Sophie Hindermann und Franziska<br />
Weber ist dieses Instrument der Spitzensport-Förderung<br />
"alternativlos". "Diesen Weg hätten wir auf keiner anderen<br />
Schule zurücklegen können", sagen die beiden Preisträgerinnen<br />
unisono und berichten von vielen Stunden versäumten<br />
Unterrichts, die durch individuelle Lösungen kompensiert<br />
worden sind. Weil etwa Turnerinnen schon in relativ jungen<br />
Jahren in die Weltspitze vorstoßen, hatte Marie-Sophie<br />
Hindermann bereits frühzeitig regelmäßig die ersten beiden<br />
Unterrichtsstunden des Tages zu Gunsten des Trainingssausen<br />
lassen dürfen und dafür den Stoff nachmittags entweder<br />
allein oder im Einzelunterricht mit einem Lehrer nachgeholt.<br />
Auch spezielle Hausaufgaben für die Fehlzeiten, da Eliteschüler<br />
zu Wettkämpfen oder Trainingscamps unterwegs sind,<br />
gehören zum Standard. Ebenfalls lobt Franziska Weber ihre<br />
Schule als "extrem kooperativ". Vor oder nach besonders<br />
extensiven Trainingslagern von drei oder vier Wochen sei es<br />
sogar möglich gewesen, den verpassten Unterricht gemeinsam<br />
mit den Pädagogen in den Schulferien nachzuholen.<br />
"Dass die Lehrer in dieser Zeit zusätzlich zur Arbeit kommen",<br />
weiß die Rennkanutin, "so etwas wäre auf einer anderen<br />
Schule bestimmt nicht drin."<br />
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