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Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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zur Talentförderung?<br />

Irrwegen und Missständen<br />

Von Hans-Peter Seubert<br />

"Athleten sind erfolgreich, die mit investiven Risiken umgehen<br />

wie ein Unternehmer." Und die weniger in Stützpunkten<br />

behütet sind, sondern sich meist selbst organisieren. In offenen<br />

<strong>Gesellschaft</strong>en entscheiden Jugendliche heute rational<br />

und ökonomisch. Hier kommt die pädagogische Qualität des<br />

Trainings ins Spiel.<br />

Sie betont Kooperation und Gruppenerfahrung, nicht anordnen<br />

und nachahmen, befehlen und folgen - was Talente wie<br />

Spitzensportler entmündigt. Rigide Strukturen erzeugen<br />

Verlust an Aufmerksamkeit und Begeisterung - bis hin zum<br />

Ausstieg (Dropout).<br />

Ob Mannschafts- oder Individual-Sportarten, Emrichs Befunde<br />

zeigen die gleiche Effizienz. Seine Thesen kosteten ihn den<br />

Platz im Präsidialausschuss Leistungssport des <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n Sportbundes (DOSB). "Ich bin ja wegen der<br />

Befunde sehr angegriffen worden." Denn die Diskussion um<br />

das richtige, medaillenträchtige Nachwuchsförderkonzept ist<br />

emotional aufgeladen. "Die Orientierung allein an Medaillen<br />

halte ich für<br />

äußerst gefährlich.<br />

Wir können in der<br />

Wissenschaft<br />

nicht mehr so tun,<br />

als wäre das<br />

richtig. Ich war<br />

gegen die <strong>Olympische</strong>nJugendspiele,<br />

weil sie noch<br />

mal eine<br />

Beschleunigung<br />

der aktuellen<br />

Fehler bringen."<br />

Emrich fordert gar<br />

mehr Geld und<br />

Aufmerksamkeit in<br />

die Keimzellen<br />

(Vereine) mit<br />

hoher Effizienz in<br />

der Talentförderung<br />

zu investieren<br />

und nicht<br />

Ressourcen mit<br />

unnützen oder<br />

fragwürdigen Programmen für Eliten zu vergeuden: "Verein,<br />

das ist die Basis, aber im Kern bleibt sie unbeachtet, weil wir<br />

immer über die Veredlung nachdenken." Übertriebene Fürsorge<br />

in Training und Wettkampf erzeugt "risikoscheue Athleten<br />

und Sportbeamte". Talente "möglichst schon im embryonalen<br />

Zustand im Mutterleib" zu entdecken, sie frühzeitig in Kader<br />

zu stecken und aufzupäppeln, noch mehr Training, Kontrolle,<br />

Diagnostik und Steuerung einzusetzen und sie in sportbetonten<br />

Schulen zielführend auszubilden, sei ein Irrweg. Hier ist die<br />

Fluktuation enorm. Und am Ende kommt häufig nicht der<br />

organisierte Olympiasieger heraus.<br />

50 Prozent der D-Kaderathleten werden nach einem Jahr<br />

ausgetauscht oder wechseln die Sportart. Talente, die später in<br />

die Karriere einsteigen oder in mehreren Disziplinen Erfahrungen<br />

sammeln, sind meist erfolgreicher als jene, die früh beginnen<br />

und früh Erfolge haben. Selbst höhere Trainingsbelastungen<br />

bieten keine Gewähr für mehr Medaillen. Sportler, die von<br />

Verletzungen zurückgeworfen werden oder sich selbst Auszeiten<br />

gönnen, sind danach häufig erfolgreicher als jene, die von<br />

klein auf ohne Pause Leistungsdruck ausgesetzt werden.<br />

Professor Swen Körner (Universität Hildesheim), kritisiert die<br />

Gesundheitsdiskussion als gesundheitspolitische und Medien-<br />

Inszenierung. Großen Anteil tragen der organisierte Sport und<br />

die Sportwissenschaft. "All diesen Beobachtern, die beobachten,<br />

was die Beobachter beobachten", gehe es weniger um<br />

Ursachenforschung und -bekämpfung. Darunter leiden<br />

Gesundheits- und Talentförderung.<br />

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