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Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Bayern München in<br />

der Champions League<br />

gegen Manchester<br />

United und Olympique<br />

Lyon nicht<br />

entgehen lassen. Und<br />

dem heimischen FC ist<br />

er ohnehin verbunden.<br />

Manfred Germar<br />

gehört zu den Ikonen<br />

des deutschen Sports.<br />

Der mehrmalige<br />

Europameister und<br />

Weltrekordmann über 200 Meter steht in einer Reihe mit<br />

Größen wie Max Schmeling, Fritz Walter oder Hans Günter<br />

Winkler. Auch Germar stempeln seine menschlich faire Haltung<br />

als Athlet und danach sowie das vielfältige Engagement<br />

für die <strong>Gesellschaft</strong> zu einem Vorbild für die Jüngeren. Zu<br />

Recht ist das langjährige persönliche NOK-Mitglied als Träger<br />

der Goldenen Sportpyramide in die Hall of Fame eingerückt,<br />

hat eine Vielzahl von Auszeichnungen erhalten, vom Rudolf-<br />

Harbig-Preis über das Bundesverdienstkreuz bis zum <strong>Olympische</strong>n<br />

Orden.<br />

Gemeinsam mit Martin Lauer, seinem Vereinskameraden vom<br />

ASV Köln, dem Weltrekordmann über 110 Meter Hürden und<br />

200 Meter Hürden, mit dem "weißen Blitz" Heinz Fütterer, dem<br />

400-Meter-Läufer Carl Kaufmann und Armin Hary, dem 100-<br />

Meter-Olympiasieger von Rom 1960, füllte der blonde Sprinter<br />

die Stadien. Davon hatten die Sportler materiell nicht viel.<br />

Denn wegen der strengen Amateurregeln bekamen sie nur<br />

karge Spesen. Die Zuschauer staunten immer wieder über den<br />

schnellen Blonden, der zu Beginn des Rennens wie ein Verlierer<br />

aussah und im Ziel meist der Sieger war. Vor allem als Schlussläufer<br />

in der 4 mal 100-Meter-Staffel, ob im weinroten Trikot<br />

des ASV oder im Nationaltrikot, riss er manches schon verloren<br />

scheinende Rennen aus dem Feuer. So miserabel sein Start, so<br />

unwiderstehlich war sein Endspurt. 1956 in Melbourne wurde<br />

der Einundzwanzigjährige als bester Europäer Olympia-Fünfter<br />

im 100-Meter-Lauf und gewann mit der Sprintstaffel die<br />

Bronzemedaille. Danach blieb er bis zur Europameisterschaft<br />

1958 in 74 Rennen ungeschlagen. 23 deutsche Meistertitel,<br />

davon 19 bei den Erwachsenen, sammelte "Manni", wie ihn die<br />

Boulevard-Presse taufte. Seine Popularität gründete nicht<br />

zuletzt auf den 123 Einsätzen bei 54 Länderkämpfen, die<br />

damals im angehenden Fernsehzeitalter die Begeisterung für<br />

die Leichtathletik schürte.<br />

Die Sommerspiele von Rom 1960 sollten zu einem Höhepunkt<br />

für den damals 25-Jährigen werden. Doch sie wurden zum<br />

Tiefpunkt seiner Laufbahn. Im Vorfeld der Spiele warf ihn eine<br />

Kieferoperation aus der Bahn. Ohne Rücksicht auf seine<br />

Gesundheit musste Germar ein Ausscheidungsrennen für die<br />

Sprintstaffel bestreiten. Dabei zog er sich eine Zerrung zu, die<br />

ihn auch in den olympischen Wettkämpfen behinderte. Die<br />

Folge: Germar schied weit entfernt von seiner Höchstform auf<br />

beiden Sprintstrecken in den Vorläufen aus. So konnte er nur<br />

zusehen, wie die 4 x 100-Meter-Staffel mit Martin Lauer als<br />

Schlussläufer die Goldmedaille gewann. Im Blick zurück ohne<br />

Zorn räsonnierte der Rheinländer einmal: "Ich kann es selber<br />

nicht verstehen, dass ich nicht Olympiasieger geworden bin."<br />

Das typische Kind der Kriegs- und Nachkriegszeit, 1935 in<br />

Köln geboren und im Stadtteil Nippes aufgewachsen, sah mit<br />

seinen dünnen Armen und Beinen nicht gerade wie ein<br />

heranwachsender Athlet aus. Bombennächte hatten die<br />

Beschaulichkeit des gut situierten Elternhauses gestört.<br />

Einmal schlug ein Blindgänger am Bett einer der beiden<br />

Schwestern ein, ohne jemanden zu verletzen. Darauf hin<br />

wurden die Kinder zu Verwandten nach Schmiedeberg im<br />

Erzgebirge gebracht. Von dort aus sahen sie das Bombardement<br />

auf Dresden, die Heimatstadt ihres Vaters. Nach dem<br />

Zusammenbruch verschlug es die Familie nach Schkopau bei<br />

Halle an der Saale, wo der Vater als Diplom-Chemiker in den<br />

Buna-Werken gefragt war. 1947 kehrten die Germars nach<br />

Köln zurück. Der Grund: Der Spezialist sollte in der Sowjetunion<br />

sein Know-how nutzbar machen.<br />

Das war die Zeit, als der Halbwüchsige begann, Fußball,<br />

Handball und Tischtennis zu spielen. Da das Sonntagskind von<br />

der Natur mit ungewöhnlich schnellen Beinen ausgestattet<br />

war, führte der Weg 1950 zu den Leichtathleten des ASV. Im<br />

Frühjahr 1953 sagte August Kirsch, der spätere Präsident des<br />

<strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-Verbandes, zu ihm: "Sie sind ja ganz<br />

sprungkräftig. Aber vom Laufen haben sie keine Ahnung. Ihr<br />

Stil ist unmöglich." Das hinderte Manfred Germar, der im<br />

Hochsprung immerhin 1,72 Meter meisterte, nicht, als Sprinter<br />

zu einem beispiellosen Siegeszug zu starten. Und das,<br />

obwohl er beileibe nicht zu den Trainingsfleißigsten gehörte.<br />

"Ich trainierte zweimal die Woche eine Stunde. Anders als die<br />

Leichtathleten heute haben Martin Lauer und ich uns aber<br />

nicht geschont und sind sehr oft bei Wettkämpfen gestartet."<br />

Eine Serie von Verletzungen bedeutete 1964 das frühe Ende<br />

seiner glanzvollen Laufbahn. Drei Jahre später holte ihn die<br />

frisch gegründete Sporthilfe ins Boot. "Ich war hellauf begeistert,<br />

dass ich im Sport helfen konnte. Ich kam ja gerade aus<br />

dem Sport und wusste, dass die Athleten im Osten durch die<br />

Politik und die Sportler in den USA durch die Universitäten<br />

unterstützt wurden. Willi Daume und Sporthilfechef Josef<br />

Neckermann wollten einfach Chancengleichheit für die<br />

Sportler. Ich habe das genauso gesehen", sagt der einstige<br />

Sprinterstar im Rückblick. Als Hauptmotiv für sein umfassendes<br />

und dauerhaftes ehrenamtliches Engagement führt<br />

Germar an: "Ich habe so viel Schönes im Sport erlebt. Da<br />

wollte ich etwas zurückgeben, etwas tun für die Jugend.<br />

Denn das ist doch wunderbar: Sport zu treiben."<br />

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