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Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Talent- und Nachwuchsförderung in<br />

Deutschland gerät in die Diskussion.<br />

Widersprüche und gegensätzliche, zum<br />

Teil ketzerische Positionen tauchen auf: Selbst<br />

Wissenschaftler streiten über den Königsweg<br />

im Spitzensport und zugleich über nachhaltige<br />

Gesundheits- und Talentpflege. Viele<br />

Fachverbände blicken lieber auf den Medaillen-Gipfel,<br />

pflegen die eingespielten Förderstrukturen,<br />

als dass sie deren Ergebnisse<br />

kritisch reflektieren.<br />

Professor Eike Emrich hat ergründet: Die Quote der Aussteiger<br />

und Fehlgeleiteten wächst. Hier gelte es mit ganzheitlichen,<br />

durchlässigeren und humaneren Förderstrukturen gegenzusteuern.<br />

Doch sind sie überhaupt gewollt in den festgefügten<br />

Sporthierarchien?<br />

Auch die Sport-Pädagogen Edgar Beckers und Swen Körner<br />

sehen in der Allmacht gängiger Konzepte, der Magie der<br />

Zahlen und Leistungsmessung ein Grundübel für humane und<br />

gedeihliche Nachwuchspflege. Die Ressourcen Kind, Talent<br />

und Gesundheit sind jedoch zu wertvoll, um sie Ideologien,<br />

falschen Propheten auf dem Gesundheitsmarkt und Leistungsdruck<br />

zu opfern.<br />

"Lineare Karrieren sind nicht die Regel", hat Eike Emrich (Universität<br />

Saarbrücken) nachgewiesen und stellt die Pyramide<br />

des Spitzensports und das eindimensionale Kadermodell auf<br />

28<br />

Wer kennt den Königsweg<br />

Sportwissenschaftler warnen vor<br />

im Spitzen- und Gesundheitsport<br />

den Kopf. Mit kritischen Befunden erschüttert er das Sportförderkonzept<br />

in Deutschland: Kader, Sportinternate, Eliteschulen,<br />

Olympiastützpunkte, Verbandshierarchien. "Organisationen<br />

machen, was sie immer gemacht haben, sie inszenieren sich<br />

rational. Solange der Bedarf gedeckt wird, muss ich mich auch<br />

nicht selbst quälen." Emrichs Systemkritik beschwört Ärger<br />

herauf. Das, was der Sportsoziologe zur Nachhaltigkeit in der<br />

Sportförderung herausfand, stößt Funktionären und Leistungsplanern<br />

in den Verbänden, aber auch den Wohltätern<br />

aus der Politik sauer auf.<br />

Der Querdenker ist im Gegensatz zu vielen Sportwissenschaftlern<br />

nicht salbungsvoller Theoretiker. Der frühere Hauptgeschäftsführer<br />

des Landessportverbandes Saarland, Leiter des<br />

Olympiastützpunktes Rheinland-Pfalz/Saarland und Vizepräsident<br />

Leistungssport des <strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-Verbandes<br />

(DLV) kennt die Praxis. Längsschnitt- und Querschnitt-Studien<br />

mit 3.800 Kaderlaufbahnen und 18.000 Datensätzen von<br />

Olympiateilnehmern, plus 1.500 Befragungen über Karrierewege<br />

ab dem Alter von zwölf Jahren dienen ihm als Argumentationshilfen.<br />

Einige Befunde:<br />

"Leute mit höher<br />

qualifiziertem<br />

Diplom sind nicht<br />

automatisch die<br />

besseren Trainer.<br />

Wenn man einmal<br />

jemand in der<br />

Spitze gehabt hat,<br />

dann schaffen sie<br />

es wieder. Dies gilt<br />

auch umgekehrt."<br />

Karrieren, also<br />

Menschen, aber<br />

auch Systeme sind<br />

nicht hundertprozentig<br />

steuerbar.<br />

Individualität,<br />

Persönlichkeit,<br />

Glück, Zufall,<br />

Begeisterung,<br />

Motivation, all das<br />

fließt mit ein.

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