28.01.2013 Aufrufe

Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Ausgabe 3/2010 - Deutsche Olympische Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ungs- und Parteichef<br />

Erich<br />

Honecker ebenso<br />

mit dem <strong>Olympische</strong>n<br />

Orden wie<br />

den rumänischen<br />

Diktator Ceaucescu.<br />

Bis zuletzt<br />

hielt er Nordkorea<br />

die Tür zu einer<br />

Teilnahme im<br />

Süden der Halbinsel<br />

offen und<br />

nahm damit dem<br />

sozialistischen<br />

Lager einen wichtigen<br />

Anlass für<br />

eine Nichtteilnahme.<br />

Dass ihm mit diplomatischem Geschick auf der politisch<br />

explosiven koreanischen Halbinsel die Beendigung der Olympiaboykotts<br />

gelang, war das virtuoseste Kabinettstück seiner<br />

Amtszeit. Dieser Erfolg wurde freilich in der Öffentlichkeit<br />

überlagert durch die Disqualifikation des kanadischen Sprint-<br />

Olympiasiegers Ben Johnson. Durch diesen sensationellen<br />

Fall sah sich das IOC gezwungen, seinen Anti-Doping-Kampf<br />

zu verstärken. Dennoch wirkte der diesbezügliche Aktionismus<br />

bei Samaranch stets so, als wenn es ihm vor allem um<br />

ein Feigenblatt gegenüber den Sponsoren ging.<br />

Heute ist es selbstverständlich, dass plus minus 200 NOK -<br />

und damit mehr Staaten, als zur UNO gehören - an <strong>Olympische</strong>n<br />

Sommerspielen teilnehmen. Dies hat zum nicht geringen<br />

Teil damit zu tun, dass die Finanzschwachen unter ihnen<br />

auf Kosten des IOC anreisen dürfen. Die bedürftigen NOK<br />

werden zusätzlich aus dem Topf des von Samaranch aufgelegten<br />

Entwicklungshilfe-Programms "Olympic Solidarity"<br />

gespeist. Voraussetzung dafür war, dass der Spanier aus dem<br />

finanzschwachen Komitee mit gerade mal 200.000 Dollar<br />

aktivem Kapital in der Killanin-Zeit ein prosperierendes<br />

Milliarden-Unternehmen formte. Samaranch suchte gleich<br />

nach seiner Wahl die Nähe zu Konzernen wie Coca Cola,<br />

Unternehmen wie Adidas und potenten US-amerikanischen<br />

Fernsehgesellschaften wie NBC. An dem reichlichen Fluss der<br />

Gewinne und Tantiemen beteiligte er auch die stets begierigen<br />

einflussreichen Sportverbände von der Leichtathletik<br />

über die Schwimmer bis hin zu den Turnern und hielt damit<br />

potenzielle Gegenspieler wie den italienischen Leichtathletik-<br />

Weltpräsidenten Primo Nebiolo weitgehend ruhig. Ein genialer<br />

Schachzug war es, unter dem Blickwinkel der effektiveren<br />

Vermarktung, die Winterspiele aus dem Turnus der Sommerspiele<br />

zu lösen und sie jeweils im Abstand von zwei Jahren<br />

zu dem großen Weltsportfest zu platzieren.<br />

In enger Abstimmung mit Horst Dassler, in den achtziger<br />

Jahren sein Architekt hin zu einer Öffnung der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele für Profis, betrieb der Katalane die Liberalisierung der<br />

Zulassungsbestimmungen zu den Spielen. Willi Daume, bis<br />

dahin einer seiner größten Kritiker, band er gleich nach<br />

seiner Wahl als Vorsitzenden der Zulassungskommission ein.<br />

Der <strong>Deutsche</strong> leistete für seinen ungeliebten Konkurrenten<br />

von gestern die Kärrnerarbeit auf dem Weg zur Beendigung<br />

des heuchlerischen Amateur-Zeitalters beim <strong>Olympische</strong>n<br />

Kongress von Baden-Baden 1981. Damit war der letzte<br />

Damm vor einer ungehemmten Kommerzialisierung beiseite<br />

geräumt. Und die fünf olympischen Ringe ließen sich noch<br />

einträglicher vermarkten und damit die Unabhängigkeit auch<br />

gegenüber den amerikanischen Fernsehgesellschaften vergrößern.<br />

Mit der stattlichen Beteiligung an den Organisationskosten<br />

durch das IOC setzte Samaranch einen überhitzten Konkurrenzkampf<br />

der Städte um die <strong>Olympische</strong>n Spiele in Gang.<br />

Vergessen die Zeit, als 1978 in Athen mit Los Angeles nur<br />

ein einziger Kandidat für die Sommerspiele antrat. Im<br />

Bestreben, den Zuschlag für die Spiele zu bekommen, zogen<br />

die Städte und Staaten alle Register: mit dem Einsatz von<br />

Showstars, Staats- und Regierungschefs und vor allem mit<br />

reichen Einladungsreisen für IOC-Mitglieder, von denen eine<br />

nicht geringe Anzahl ihre Gastgeber zur Zahlung namhafter<br />

Beträge nötigte. Solche Machenschaften konnten in dem<br />

schwülen Klima der Begünstigung unter der Ägide Samaranchs,<br />

dessen Prinzip "eine Hand wäscht die andere" war,<br />

wuchern. Was die Spatzen spätestens seit der IOC-Session in<br />

Lausanne 1986 von den Dächern pfiffen, als die Vergabe der<br />

Sommerspiele 1992 an Barcelona und der Winterspiele an<br />

Albertville in Frankreich hart umkämpft war, wurde mit dem<br />

Korruptionsskandal 1998 und 1999 im Vorfeld der Winterspiele<br />

von Salt Lake City 2002 in einem ungeahnten Ausmaß<br />

offenbar.<br />

Der bis dahin so machtvolle IOC-Präsident stand plötzlich<br />

mit dem Rücken zur Wand. Statt seinen Traum erfüllt zu<br />

sehen, mit dem Friedensnobelpreis für sein IOC ausgezeichnet<br />

zu werden, sah er sich mit seinem Komitee hochnotpeinlichen<br />

Verhören durch einen Untersuchungsausschuss des<br />

US-amerikanischen Kongresses ausgesetzt. Doch selbst in<br />

dieser misslichen Lage, an der er selbst ein gerüttelt Maß<br />

Schuld trug, zog Samaranch den Kopf aus der Schlinge. Mit<br />

einer Kehrtwende hin zur Bestrafung von bestochenen IOC-<br />

Mitgliedern und zu einer Ethikkommission gelang es ihm, die<br />

aufgebrachte internationale Öffentlichkeit erstaunlich<br />

schnell zu befrieden. Seitdem aber lag ein Schatten auf dem<br />

IOC und vor allem auf seinem Präsidenten. Aus der "Religio<br />

Athletae" Coubertins war in seiner Amtszeit ein inhaltsleerer<br />

Dollar-Fetischismus geworden. Und der Bestechungsskandal<br />

wirkte wie ein Bumerang. 2001, wiederum in Moskau, schloss<br />

sich der Kreis. Mit der Wahl zum Ehrenpräsidenten ging die<br />

Amtszeit des wohl größten Umgestalters der <strong>Olympische</strong>n<br />

Bewegung und doch umstrittensten Präsidenten des IOC zu<br />

Ende.<br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!