10 Jahre esa - Schiffahrt und Technik
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EDITORIAL<br />
Binnenschifffahrt <strong>und</strong> Klimaschutz<br />
Klimaschutz ist dank der wissenschaftlichen<br />
Gr<strong>und</strong> lagenarbeit des UN-Klimarates (IPCC) der<br />
Vereinten Nationen <strong>und</strong> dem unermüdlichen En -<br />
gagement führender Politiker, wie des hierfür zu<br />
Recht ausgezeichneten Friedensnobelpreisträgers<br />
Al Gore oder der ehemaligen Umweltministerin<br />
<strong>und</strong> heutigen B<strong>und</strong>eskanzlerin Angela Merkel, in<br />
aller M<strong>und</strong>e. Es ist dem B<strong>und</strong>esverband öffent -<br />
licher Binnenhäfen (BÖB) zu verdanken, mit seiner<br />
diesjährigen Mitgliederversammlung in Frankfurt<br />
durch qualifizierte Vortragsveranstaltungen <strong>und</strong><br />
eine erhellende Podiumsdiskussion dafür gesorgt<br />
zu haben, dass eine sachliche, ideologiefreie<br />
Diskussion zu diesem Thema auch im deutschen<br />
Binnenschifffahrtsgewerbe angestoßen wurde.<br />
Professor Dr. Olaf Hohmeyer von der Universität<br />
Flensburg hat anlässlich der BÖB-Tagung am 27.<br />
September in Frankfurt die von den weltweit<br />
tätigen Wissenschaftlern des IPCC festgestellten<br />
Fakten zum Klimawandel vorgetragen. So hat der<br />
durch die Industrialisierung verstärkte Treib haus -<br />
effekt zu einem rapiden Anstieg der globalen<br />
Temperaturen geführt, die mit der weiter wach -<br />
senden Verwertung fossiler Brennstoffe immer<br />
schneller zunehmen.<br />
Allein zwischen 1970 <strong>und</strong> 2004 sind die Treib -<br />
hausemissionen um 70% gewachsen – Tendenz<br />
weiter steigend, denn mit dem wirtschaftlichen<br />
Wachstum der Schwellenländer in Südamerika,<br />
Afrika <strong>und</strong> Asien geht eine weitere rapide Zu -<br />
nahme der Umweltverschmutzung einher. In der<br />
Folge kommt es zu drastischen Auswirkungen des<br />
Klimawandels: Schneller als erwartet schmilzt das<br />
Eis in der Arktis <strong>und</strong> der Gebrigsgletscher. In der<br />
Folge steigt der Meeresspiegel <strong>und</strong> durch eine<br />
Verschie bung der wärmeren Klimazonen Richtung<br />
Nordpol <strong>und</strong> Süd pol kommt es in unseren Regionen<br />
zu trockeneren Sommern mit geringeren Nieder -<br />
schlägen <strong>und</strong> höheren Niederschlägen mit häufi -<br />
geren Hochwas sern <strong>und</strong> Überschwemmungen in<br />
Herbst <strong>und</strong> Winter.<br />
Da sich der Klimawandel deutlich schneller<br />
vollzieht, als bisher prognostiziert, müssen durch<br />
weltweit wir kende Maßnahmen der Industrie-,<br />
Schwellen <strong>und</strong> Entwicklungsländer kurzfristig<br />
Treib hausgaskon zentrationen auf deutlich nie -<br />
drige rem Niveau erreicht werden, als bisher<br />
gedacht. Die not wendigen Technologien sind nach<br />
Ansicht der Klimaforscher bereits verfügbar, wobei<br />
die Ver meidung des Klimawandels weniger kostet<br />
als erwartet. Zu den von den Wissenschaftlern an<br />
die Regierungen unterbreiteten Vorschlägen zur<br />
Begrenzung des Treibhauseffektes zählen die<br />
Abkehr von der Verwertung fossiler Brennstoffe in<br />
Kraftwerken <strong>und</strong> die Konzentration der Energie -<br />
erzeugung auf Solarenergie, Windenergie, Wasser -<br />
kraft <strong>und</strong> Atom strom, wobei an Letzterem<br />
zumindest solange festzuhalten ist, bis die<br />
regenerativen Methoden der Energieerzeugung<br />
nach <strong>und</strong> nach die Anteile fossiler Kraftwerke<br />
ersetzt haben. Im Verkehrs bereich wird neben dem<br />
Einsatz von Brennstoff zelle <strong>und</strong> Biokraftstoffen<br />
eine verstärkte Nutzung der Verkehrsträger Bahn<br />
<strong>und</strong> Binnenschifffahrt empfohlen, wobei die<br />
Auswirkungen des Klima wandels das Verkehrs -<br />
system Binnenschifffahrt beeinträchtigen können.<br />
Allerdings gibt es auch hier eine Vielzahl von<br />
investiven <strong>und</strong> operativen Maßnahmen, mit deren<br />
Umsetzung mögliche Beeinträchtigungen vermie -<br />
den oder begrenzt wer den können.<br />
Entsprechende Untersuchungen der B<strong>und</strong><strong>esa</strong>nstalt<br />
für Gewässerk<strong>und</strong>e in Koblenz wurden bei der<br />
BÖB-Tagung in Frankfurt von Dr. Hans Moser<br />
vorgetragen. Zu den investiven Maßnahmen zäh -<br />
len der Bau von Schleusen, Staustufen <strong>und</strong> Rück -<br />
haltebecken, mit denen Hochwasser vermieden,<br />
Wasserüberschüsse gespeichert <strong>und</strong> ein konti -<br />
nuier licher Wasserabfluss zu Erzielung stabiler<br />
Fahrwasserverhältnisse für die Binnenschifffahrt<br />
ge währleistet werden kann. Durch die auf diese<br />
Weise erzielte Bindung größerer Wassermengen in<br />
den Einzugsgebieten der Flüsse kann nicht nur ein<br />
Anstieg des Meeresspiegels begrenzt, sondern<br />
darüber hinaus die CO2 freie Stromerzeugung an<br />
Wasserkraftwerken ausgeweitet werden. Aber<br />
auch die Investition in den Flüssen angepasste<br />
Schiffstechnik, wie sie heute bereits auf der Elbe,<br />
Oder <strong>und</strong> Weichsel eingesetzt wird oder sich mit<br />
dem neuen Schiffstyp ‚FuturaCarrier’ in Erprobung<br />
befindet, zählen zu den Optionen. Bei den ope -<br />
rativen Maßnahmen geht es neben der Einführung<br />
moderner Wasserstraßen Informationssysteme<br />
(WIS, DoRis), vor allem um die Weiterentwicklung<br />
logistischer Planungs- <strong>und</strong> Managementsysteme –<br />
eine Aufgabe für Häfen <strong>und</strong> Binnenschiff fahrts -<br />
unternehmen zugleich.<br />
So klar die in Frankfurt von den Wissenschaftlern<br />
dargestellte Problemanalyse <strong>und</strong> dazugehörige<br />
Handlungsempfehlungen auch sind – so schwam -<br />
mig <strong>und</strong> teilweise in die falsche Richtung gehend<br />
ist die Umsetzung Letzterer in der Realität durch<br />
die Politik aber auch die Industrie selbst. Das gilt<br />
nicht nur für die Energiepolitik mit ihren falschen<br />
Beschlüssen zum vorzeitigen Abschalten der Atom -<br />
kraftwerke sondern auch für die Verkehrspoltik.<br />
Dies wiederum ist Folge der ideologisch beladenen<br />
Umweltpolitik der Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart,<br />
die sich leider immer noch eher an dem Weh -<br />
geschrei realitätsferner Ökoaktivisten orientiert,<br />
denn an wissenschaftlich begründeten Fakten. So<br />
berichtete Professor Hohmeyer, dass grüne Um -<br />
welt gruppen den Anschluss fertig gestellter Wind -<br />
kraftanlagen durch Prozesse gegen den Ausbau<br />
der hierfür notwendigen Kabelnetze verhindern.<br />
Aus Sicht der Binnenschifffahrt hat das die gleiche<br />
Qualität, wie die bereits jahrzehntelange Verzö -<br />
gerung des Ausbaus der Donau zwischen Straubing<br />
<strong>und</strong> Vilshofen, der mit immer wieder neuen Argu -<br />
menten auf die lange Bank geschoben wird. Aber<br />
auch die Wiederherstellung der Fahrwasser ver -<br />
hältnisse auf der Elbe vor dem Jahrh<strong>und</strong>ert -<br />
hochwasser 2002 wird seit <strong>Jahre</strong>n verzögert. Die<br />
B<strong>und</strong>esregierung hätte zusätzlich die Möglichkeit,<br />
die Talsperren Beiloch <strong>und</strong> Hohenwarthe wieder in<br />
eigene Regie zu übernehmen, <strong>und</strong> damit den<br />
Wasserstand von Elbe <strong>und</strong> Saale während som -<br />
merlicher Niedrigwasserperioden zu stabilisie ren,<br />
wie dies bereits in den dreißiger <strong>Jahre</strong>n erfolgte –<br />
zeigt aber hieran kein Interesse. Ergänzt werden<br />
könnte dieses Wasserregime durch den Bau<br />
weiterer Rückhaltebecken zum Hochwasser schutz<br />
sowie neue Wasserkraftwerke.<br />
Die öffentlich geäußerte Skepsis führender Vertre -<br />
ter des deutschen Binnenschifffahrtsgewerbes zu<br />
dem in Erprobung befindlichen neuen Schiffstyp<br />
‚Futura Carrier’, dessen Bau erfreulicherweise vom<br />
B<strong>und</strong>esumweltministerium gefördert wurde, zeigt,<br />
dass auch das Gewerbe selbst mehr Bereitschaft<br />
zeigen muss, beim Klimaschutz neue Wege zu<br />
gehen. Die Binnenschifffahrt hat beim Klimaschutz<br />
handfeste Lösungen zu bieten. Politiker <strong>und</strong><br />
Gewerbevertreter müssen dies künftig durch<br />
zielgerichtetes Handeln in der Öffentlichkeit offen -<br />
siver deutlich machen.<br />
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MAGAZIN FUR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK<br />
7/2007