Prüfingenieur 31 - BVPI - Bundesvereinigung der Prüfingenieure ...
Prüfingenieur 31 - BVPI - Bundesvereinigung der Prüfingenieure ...
Prüfingenieur 31 - BVPI - Bundesvereinigung der Prüfingenieure ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Das als Verbund-Sicherheitsglas (VSG) bezeichnete<br />
Glas wird unter Verwendung einer mit speziellen<br />
Eigenschaften versehenen Polyvinyl-Butyral-<br />
Folie (PVB) hergestellt. Aufgrund des großformatigen,<br />
verzahnten Bruchbildes, das zu einer guten Resttragfähigkeit<br />
führt, eignen sich vor allem TVG und<br />
Floatglas für diese Anwendung [4], [5].<br />
Aufgrund <strong>der</strong> beschriebenen Eigenschaften<br />
sind bei <strong>der</strong> Konstruktion mit dem Baustoff Glas einige<br />
grundlegende Prinzipien zu beachten. So ist jeglicher<br />
Kontakt zwischen Glas und Werkstoffen gleicher<br />
o<strong>der</strong> größerer Härte unter Last o<strong>der</strong> Temperaturbeanspruchung<br />
zu vermeiden. Daher müssen beispielsweise<br />
im Auflagerbereich geeignete Zwischenmaterialien<br />
verwendet werden, um einen Kontakt<br />
zwischen Glas und <strong>der</strong> meist metallischen Unterkonstruktion<br />
zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
Weiterhin stellt die Glaskante eine beson<strong>der</strong>s<br />
sensible Stelle dar. Um sie vor harten Stoßbeanspruchungen<br />
zu schützen, die ein Versagen <strong>der</strong> gesamten<br />
Glasscheibe zur Folge hätten, sollte ein Kantenschutz<br />
vorgesehen werden o<strong>der</strong> die Konstruktion<br />
selbst die Kante so schützen, dass eine Beschädigung<br />
an dieser Stelle nicht auftreten kann. Zudem<br />
kann durch eine dem Zuschnitt nachfolgende Kantenbearbeitung<br />
die Qualität und Festigkeit <strong>der</strong> Kante<br />
gesteigert werden.<br />
Sehr ungünstig wirken sich auch Zwangsbeanspruchungen<br />
auf eine Glaskonstruktion aus. Diese<br />
können beispielsweise durch Verformungen <strong>der</strong> Unterkonstruktion<br />
o<strong>der</strong> Temperaturbeanspruchungen<br />
entstehen. Je kleinformatiger und dicker und damit<br />
steifer eine Glasscheibe ist, umso empfindlicher reagiert<br />
sie auf Bewegungen <strong>der</strong> Unterkonstruktion. Eine<br />
zwängungsarme Lagerung ist in jedem Fall anzustreben.<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Temperaturbeanspruchung<br />
von Glaskonstruktionen stellt vor allem die plötzliche<br />
Abkühlung, beispielsweise durch plötzlichen Schatteneinfall,<br />
einer zuvor durch Sonneneinstrahlung erhitzten,<br />
fest eingebauten Scheibe eine Gefahr dar, da<br />
hierbei Zugspannungen in <strong>der</strong> Oberfläche <strong>der</strong> Scheibe<br />
entstehen [4], [5], [6].<br />
Die linienförmig geklemmte Lagerung von<br />
Glasscheiben stellt eine materialgerechte Variante <strong>der</strong><br />
Auflagerung dar. Bei den zwei- bis vierseitig gelagerten<br />
Scheiben wird in <strong>der</strong> Regel von einer gelenkigen<br />
Lagerung, also einer freien Verdrehbarkeit über dem<br />
Auflager, ausgegangen. Durch entsprechende Materialien<br />
(beispielsweise Elastomerstreifen) als elastische<br />
Unterlage kann diese Lagerung gewährleistet<br />
werden. Da die Glasscheiben immer gegen abhebende<br />
Lasten zu sichern sind, muss unter Umständen<br />
auch eine teilweise Einspannung <strong>der</strong> Scheiben<br />
berücksichtigt werden.<br />
KONSTRUKTIVER GLASBAU<br />
40<br />
Der <strong>Prüfingenieur</strong> Oktober 2007<br />
Eine volle Einspannung <strong>der</strong> Glasscheiben ist<br />
eher selten, da sie für das spröde Material Glas nicht<br />
vorteilhaft ist. Sie kommt aber beispielsweise bei<br />
Glasbrüstungen zur Anwendung, die an <strong>der</strong> Stirnseite<br />
einer Geschossdecke durch Klemmung befestigt sind.<br />
Da die linienförmige Lagerung oftmals durch<br />
eine verformbare Unterkonstruktion realisiert wird,<br />
stellt diese dann keine völlig starre Lagerung dar. Um<br />
große Verformungen <strong>der</strong> Glaskante zu vermeiden und<br />
keine zu hohen Zwangsbeanspruchungen in die Glasscheibe<br />
einzutragen, muss daher auch die Verformung<br />
<strong>der</strong> Unterkonstruktion begrenzt werden. Da<br />
große Randverformungen bei Mehrscheiben-Isolierglas<br />
(MIG) zu Undichtigkeiten des Randverbundes<br />
führen können, ist auch hier eine Beschränkung <strong>der</strong><br />
Randverformung notwendig.<br />
Vor allem bei Überkopfverglasungen werden<br />
neben <strong>der</strong> reinen Tragfähigkeit auch die Schutzziele<br />
<strong>der</strong> Verkehrssicherheit maßgebend. Hierfür sind konstruktive<br />
Bedingungen einzuhalten, die das Herabfallen<br />
<strong>der</strong> Gesamtverglasung und großer Bruchstücke<br />
auf unterhalb gelegene Verkehrsflächen verhin<strong>der</strong>n.<br />
Die vierseitig linienförmige Lagerung bietet bei Verwendung<br />
von VSG mit entsprechenden Glaseinständen<br />
und entsprechend dicker PVB-Folie ein sehr gutes<br />
Resttragfähigkeitsverhalten. Die PVB-Folie sorgt<br />
nach dem Scheibenbruch für eine entsprechend gute<br />
Splitterbindung [6], [7].<br />
Die punktförmige Lagerung von Glasscheiben<br />
(siehe Abb. 2) bietet gegenüber <strong>der</strong> linienförmigen<br />
Lagerung den Vorteil einer filigraneren Glashaltekonstruktion.<br />
Sie kann mit o<strong>der</strong> ohne Durchdringung <strong>der</strong><br />
Glasscheibe ausgeführt werden.<br />
Häufiger anzutreffen ist die Variante mit Durchdringung<br />
<strong>der</strong> Glasscheibe. Die Glasscheiben werden<br />
durch Kunststoffzwischenhülsen o<strong>der</strong> ein Vergussmaterial<br />
vor dem Kontakt mit den durchdringenden Bolzen<br />
geschützt. Die Kraftübertragung erfolgt über<br />
Lochlaibung. Die Punkthalter werden in unterschiedlichen<br />
Ausführungen hergestellt. Prinzipiell kann man<br />
zwischen starren und gelenkigen Punkthaltern unterscheiden.<br />
Im Vergleich zu den linienförmig gelagerten<br />
Scheiben ergeben sich bei den punktförmig gelagerten<br />
deutlich kompliziertere Spannungszustände, die mit<br />
aufwendigeren Berechnungen verbunden sind.<br />
Die größten Hauptzugspannungen bilden sich<br />
meist im Bereich <strong>der</strong> Bohrlöcher aus. Dies ist nicht<br />
unproblematisch, weil <strong>der</strong>artige lokale Spannungsspitzen<br />
vom Glas nicht umgelagert und plastisch abgebaut<br />
werden können. Sie stellen dadurch oft den<br />
Ausgangspunkt für ein Versagen <strong>der</strong> Glasscheibe dar.<br />
Daher sollten für punktförmig gelagerte Gläser nur<br />
vorgespannte Scheiben verwendet werden.