Beschäftigung mit Musik â ein Leben lang / Fare musica â tutta la vita
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Vom Vogelgezwitscher zum Kunstgesang<br />
Vokale Mutter-Kind-Interaktion <strong>ein</strong>es zweimonatigen Mädchens. 10 Sieht man von<br />
den drei ver<strong>ein</strong>zelten Tonhöhen-Ausbrüchen ab, die dem übersteigerten kindgerichteten<br />
Sprechen geschuldet sind, bewegen sich Mutter und Kind (rot <strong>ein</strong>gerahmt) im<br />
gleichen Frequenzbereich zwischen 220 und 420 Hertz.<br />
2. Neuronale Grund<strong>la</strong>gen des audio-vokalen Lernens<br />
Diese Beobachtung verweist auf <strong>ein</strong>e Besonderheit menschlichen vokalen Lernens.<br />
Wie <strong>ein</strong>gangs bereits erwähnt, verfügen auch Tiere über ihnen artgemäße Lautäußerungen,<br />
sind aber nicht zu artikulierter Rede fähig. Man hat dies zunächst darauf<br />
zurückgeführt, dass dazu der Stimmapparat der Tiere nicht entsprechend ausgerüstet<br />
ist, dass sich nämlich der Kehlkopf senken muss, um <strong>ein</strong>en größeren Artiku<strong>la</strong>tions-<br />
und Resonanzraum zu schaffen, der da<strong>mit</strong> zugleich als Formantfilter dient. Man<br />
kann aber nachweisen, dass sich z.B. auch bei Tieren (z.B. beim röhrenden Hirsch<br />
oder bellenden Hund) deutlich der Kehlkopf senkt, was aber k<strong>ein</strong>e Auswirkungen<br />
auf deren Artiku<strong>la</strong>tionsfähigkeit hat.<br />
Daher hat man angenommen, dass <strong>ein</strong> spezielles (Sprach)Gen den menschlichen<br />
Sprachinstinkt als genetische An<strong>la</strong>ge die Sprechfähigkeit des Menschen ermöglicht.<br />
11<br />
Mit der Entdeckung <strong>ein</strong>es Gens aus der Gruppe der Forkhead Box Prot<strong>ein</strong>e (FoxP2)<br />
schien <strong>ein</strong> solches Gen tatsächlich nachgewiesen zu s<strong>ein</strong>, das <strong>ein</strong>en Transkriptionsfaktor<br />
darstellt und der Regu<strong>la</strong>tion der Gen-Expression dient. In den Basalganglien,<br />
in denen Bewegungen moduliert werden und wo dieses Gen in großem Umfang<br />
hergestellt wird, bildet es <strong>ein</strong> Prot<strong>ein</strong>, das für die Motorik der Lautbildung notwendig<br />
ist und bei Abwesenheit zu Sprachstörungen führt. 12 Ein Gen der Forkhead Box<br />
Gruppe, das so<strong>mit</strong> indirekt für das vokale Lernen zuständig ist, findet sich aber<br />
auch in vielen anderen Wirbeltieren und unterscheidet sich nur in wenigen Baust<strong>ein</strong>en<br />
vom menschlichen FoxP2-Gen.<br />
Abb. 3<br />
10 Aus K. Leimbrink, Die Entwicklung a. a. O.<br />
11 Steven Pinker, The <strong><strong>la</strong>ng</strong>uage instinct, William Morrow & Co., New York 1994.<br />
12 Alec MacAndrew, FOXP2 and the Evolution of Language (2007), www.evolutionpages.com/FOXP2_<strong><strong>la</strong>ng</strong>uage.htm