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Beschäftigung mit Musik – ein Leben lang / Fare musica – tutta la vita

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Struktur und Wirkung der <strong>Musik</strong> im Spielfilm<br />

Gangsterfilm oder Thriller. Die <strong>Musik</strong> ist als Motiv charakteristisch für die Befindlichkeit<br />

des Familienoberhauptes, der nach außen eiskalt agiert und im inneren <strong>ein</strong><br />

sentimentaler Mensch ist. Diese Melodie wird in Motivtechnik während des gesamten<br />

Films <strong>ein</strong>gesetzt.<br />

Die Motivtechnik gilt neben zwei weiteren Techniken als grundlegend für jede Filmmusik,<br />

um ihre Wirkungen zu erzielen, um ihre Funktionen zu erfüllen. Da die Filmmusik<br />

ihre Struktur nicht aufgrund musikimmanenter Formen erhält, sondern der<br />

Film, s<strong>ein</strong> Inhalt, s<strong>ein</strong>e Dramaturgie, s<strong>ein</strong>e Montagetechnik die Orientierung für den<br />

Komponisten bilden, ergeben sich folgende Verfahren zur Verbindung von <strong>Musik</strong><br />

und Film: Motivtechnik, ‘Underscoring’ und ‘Mood-Technique’.<br />

Unter Motivtechnik verstehen wir in der Filmmusik, dass Personen oder Begebenheiten<br />

der Handlung vom Komponisten <strong>mit</strong> markanten musikalischen Figuren versehen<br />

und da<strong>mit</strong> bezeichnet werde. Die musikalischen Motive können in der filmischen<br />

Narration dramaturgische Aufgaben wie Rückverweise und Antizipation übernehmen.<br />

Dazu gehört beispielsweise das Hinzufügen von Hinweisen oder das Anzeigen<br />

von Befindlichkeits- oder Situationsveränderungen, ohne dass das Gem<strong>ein</strong>te sichtbar<br />

ist. Kaum <strong>ein</strong> Komponist für den Film verzichtet heute darauf, <strong>mit</strong> <strong>ein</strong>er Melodie<br />

oder <strong>mit</strong> <strong>ein</strong>igen musikalischen Floskeln s<strong>ein</strong>en Soundtrack zu gestalten.<br />

Unter ‘Underscoring’ ist <strong>ein</strong>e Kompositionsweise zu verstehen, in welcher die <strong>Musik</strong><br />

möglichst alle Vorkommnisse, Bewegungen und dargestellten Gefühle möglichst synchron<br />

<strong>mit</strong>vollzieht. Die <strong>Musik</strong> unterstreicht, untermalt und verstärkt. Oft spricht man<br />

auch von der Verdopplung des Sichtbaren durch das Hörbare. Extremes ‘Underscoring’<br />

wird auch ‘Mickey Mousing’ genannt. Wie der Begriff schon andeutet, findet diese<br />

Technik häufig Anwendung in Trickfilmen. Die ‘film-funner’ der Stummfilmzeit wendeten<br />

auch ‘Mickey Mousing’ an, ohne von dem Wort überhaupt schon gehört zu<br />

haben, indem sie z.B. <strong>ein</strong>en Fall <strong>mit</strong> <strong>ein</strong>em Glissando abwärts begleiteten.<br />

Unter ‘Mood-Technique’ ist folgendes zu verstehen: Um die emotionale Wirkung <strong>ein</strong>er<br />

Szene zu verstärken, werden Szenen <strong>mit</strong> <strong>ein</strong>er <strong>Musik</strong> unterlegt, die <strong>ein</strong>en eigenen<br />

deutlich expressiven Stimmungsgehalt in Anlehnung an die begleitete Szene<br />

zum Ausdruck bringt. Im Gegensatz zum ‘Underscoring’ wird nicht jede <strong>ein</strong>zelne Regung<br />

des Bildgeschehens musikalisch <strong>mit</strong>gestaltet, sondern die <strong>Musik</strong> drückt insgesamt<br />

die der Szene angemessene Stimmung aus. Ohne auf Details Bezug zu nehmen,<br />

‘entspricht’ das <strong>Musik</strong>stück <strong>ein</strong>em Ort der Handlung oder <strong>ein</strong>er Stimmung.<br />

Als <strong>ein</strong> Beispiel für Po<strong>la</strong>risierung durch ‘Mood-Technique’ ist <strong>ein</strong>e Szene aus dem Thriller<br />

Psycho (1960) von Alfred Hitchcock (1899-1980) zu erkennen und zu deuten. Zu der<br />

Autofahrt der jungen blonden Frau <strong>mit</strong> dem gestohlenen Geld ist eigentlich nichts anders<br />

zu sehen, als ihre Großaufnahme am Steuer <strong>ein</strong>es Autos <strong>mit</strong> Rückprojektionen der<br />

Straße. Der Komponist Bernard Herrmann (1911-1975) setzt hierzu <strong>ein</strong>e akzentuierte<br />

Streichermusik, durchsetzt <strong>mit</strong> Stakkatoklängen, die in ihrer Folge von Staccatoakkorden<br />

im Streichorchester im Wechsel <strong>mit</strong> <strong>ein</strong>er modal geprägten Melodie an Strawinsky<br />

erinnert. Die expressive Funktion der <strong>Musik</strong> ist, die innere Unruhe der Frau im ‘Gegen-

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