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Beschäftigung mit Musik – ein Leben lang / Fare musica – tutta la vita

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Die ‘Musica humana’-Idee aus musikanthropologisch-pädagogischer Perspektive<br />

Aufhebung/Erweiterung stabiler Bezugs- Wert- Ordnungssysteme:<br />

Als Zuspitzung der erlebten Differenz-Distanz-Re<strong>la</strong>tionen kann es in der ästhetischen Erfahrung zu<br />

kurzzeitiger Außerkraftsetzung und Lockerung von (moralischen) Wert- und Ordnungssystemen kommen,<br />

oder können die Regelen binärer Logik, Kausalität, Körperlichkeit und Gesetzmäßigkeit ihre Gültigkeit<br />

bis zu <strong>ein</strong>em gewissen Grad und kurzzeitig verlieren.<br />

Flüchtigkeit:<br />

Ästhetische Erfahrungen sind flüchtig, nicht genau vorausp<strong>la</strong>nbar, nicht steuer- und kontrollierbar. Dies<br />

gekoppelt an die oben aufgelisteten Erfahrungsmodi, die die Alltagswahrnehmung wenn schon nicht<br />

außer Kraft setzen, diese doch enorm intensivieren, macht ästhetische Erfahrungen zu etwas Kostbarem,<br />

zu <strong>ein</strong>em Bewußts<strong>ein</strong>szustand, den man gerne und immer wieder und möglichst oft aufsuchen möchte.<br />

Ästhetische Erfahrungen erhöhen so<strong>mit</strong> die <strong>Leben</strong>squalität, erweitern unseren Erlebenshorizont und stellen<br />

so<strong>mit</strong> <strong>ein</strong>en Eigenwert für sich dar.<br />

Christopher Wallbaum stellt in s<strong>ein</strong>er Arbeit über die musikalische Produktionsdidaktik<br />

die zentrale These auf, daß musikalische Produktionsdidaktik im Bereich der<br />

<strong>Musik</strong>pädagogik zu ästhetischen Erfahrungen führen kann und soll. Das Aufsuchen<br />

solch ästhetischer Erfahrungen wird als das oberste Ziel des von C. Wallbaum ausformulierten<br />

produktionsdidaktischen Ansatzes genannt. 39<br />

Mit musikalischer Produktionsdidaktik ist das Komponieren und Improvisieren von<br />

Schülerinnen und Schülern gem<strong>ein</strong>t, die nicht unbedingt musikalisch gut ausgebildet<br />

sind und nicht unbedingt <strong>ein</strong> Instrument spielen können. Gleichwohl werden<br />

diese Schülerinnen und Schüler zum Komponieren angeregt unter der <strong>ein</strong>zigen<br />

Bedingung, daß es zu <strong>ein</strong>em Produkt kommt, das den Schülerinnen und Schülern<br />

selbst gefällt, und das sie «wirklich gut» finden. 40<br />

Dieser Ansatz vertraut auf die nicht völlig durchrationalisierbare Kraft und Eigendynamik<br />

des Ästhetischen, sodaß sich der Lehrer weitgehend zurückhält, was etwa<br />

die genauen Vorgaben und <strong>ein</strong>gesetzten Mittel und Techniken anbe<strong><strong>la</strong>ng</strong>t.<br />

Am Ende s<strong>ein</strong>er Arbeit spricht C. Wallbaum von den verschiedenen Dimensionen<br />

menschlicher Ratio und definiert dabei auch <strong>ein</strong>e ästhetische Rationalität neben anderen<br />

Dimensionen der Rationalität wie z.B. <strong>ein</strong>er theoretischen, ethischen, instrumentellen<br />

Dimension der Rationalität.<br />

39 Christopher Wallbaum, Produktionsdidaktik im <strong>Musik</strong>unterricht. Perspektiven zur Gestaltung ästhetischer Erfahrungssituationen,<br />

Bosse, Kassel 2000, S. 9.<br />

40 Ebda. S. 15.

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