Beschäftigung mit Musik â ein Leben lang / Fare musica â tutta la vita
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Die ‘Musica humana’-Idee aus musikanthropologisch-pädagogischer Perspektive<br />
«In diesem Sinne also ist <strong>ein</strong> Kunstwerk, <strong>ein</strong>e in ihrer Perfektion <strong>ein</strong>es vollkommen ausgewogenen Organismus<br />
vollendete und geschlossene Form, doch auch offen, kann auf tausend verschiedene Arten interpretiert<br />
werden, ohne daß s<strong>ein</strong>e irreproduzible Einmaligkeit davon angetastet würde. Jede Rezeption<br />
ist so <strong>ein</strong>e Interpretation und <strong>ein</strong>e Realisation, da bei jeder Rezeption das Werk in <strong>ein</strong>er originellen Perspektive<br />
neu auflebt.» 43<br />
Die Beschäftigung <strong>mit</strong> Kunst bzw. in diesem Falle <strong>mit</strong> <strong>Musik</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Leben</strong> <strong><strong>la</strong>ng</strong>, hält<br />
also neben der Möglichkeit ästhetischer Erfahrung und der Erweiterung der menschlichen<br />
Ratio um das Element des Ästhetischen <strong>mit</strong> der ihm eigenen ‘Sinneslogik’<br />
<strong>ein</strong>e weitere, zusätzliche Dimension bereit: Die Beschäftigung <strong>mit</strong> <strong>Musik</strong> eröffnet,<br />
wie F. Nietzsche oder U. Eco andeuten, <strong>ein</strong>e innerweltliche Erfahrung des Unendlichen,<br />
sowohl in der Rezeption als auch aktiven Realisation von <strong>Musik</strong>. <strong>Musik</strong> wird<br />
dadurch nicht gleich zum Religionsersatz und ist nicht ‘von sich aus Religion’; sie<br />
eröffnet aber – wie hier kurz angedacht – beachtliche existentielle Dimensionen des<br />
Erlebens und Erfahrens, die für sich genommen ausreichende Gründe für die möglichst<br />
umfangreiche und pädagogisch umfassend abgesicherte Beschäftigung <strong>mit</strong><br />
<strong>Musik</strong> darstellen. Im Sinne <strong>ein</strong>er anthropologischen Sichtweise auf die <strong>Musik</strong> als<br />
‘Musica humana’ zeigt sich in Anlehnung an den Kulturpsychologen Wilhelm Salber,<br />
welche große «geheime Intelligenz des Seelischen» 44 in der <strong>Musik</strong> strukturierend<br />
am Werke ist, und in jeder ihrer Manifestationen erlebt, erkannt und auch erforscht<br />
werden kann.<br />
43 Ebda., S. 30.<br />
44 Hans-Helmut & Decker-Voigt, Aus der Seele gespielt. Eine Einführung in die <strong>Musik</strong>therapie, Goldmann, München<br />
1991, S. 27.