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„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

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1927 übertrug Becker Georg Götsch<br />

<strong>die</strong> Leitung <strong>die</strong>ser Einrichtung in<br />

Gründung, unter der Bedingung, dass<br />

<strong>die</strong>ser sein Musikstudium abschlösse.<br />

Er hat <strong>die</strong>se Bedingung nie erfüllt.<br />

1928 vollzog Carl Heinrich Becker persönlich<br />

<strong>die</strong> Grundsteinlegung, 1929<br />

wurde das vom Architekten Otto Bartning<br />

entworfene Gebäude in Frankfurt/Oder<br />

eingeweiht. Es war seitdem<br />

eine der führenden deutschen Fortbildungsstätten<br />

für Musiklehrer und Jugendführer,<br />

bot aber eine Vielfalt weiterer<br />

Veranstaltungen an, bis hin zu<br />

Arbeitslagern.<br />

Die Arbeit des Musikheims<br />

Einige Sätze aus der Einweihungsrede<br />

Götschs zeigen <strong>die</strong> Richtung, <strong>die</strong> er mit<br />

dem Musikheim verfolgte, zeigen auch<br />

seine etwas bizarre Denkweise:<br />

"Alle Volksschichten haben Sehnsucht<br />

nach mehr Musik. Alle fühlen, dass ihr<br />

Leben im Begriff ist, zu trocken, gedanken-<br />

und willenstarr zu werden...<br />

<strong>die</strong> große und elementare Rückwendung<br />

unseres Volkes von der Intellektualisierung<br />

des ganzen Lebens wird in<br />

seinem neu erwachten Hunger nach<br />

Musik besonders deutlich... Wird <strong>die</strong><br />

Musik wieder im deutschen Volke beheimatet,<br />

so bekommt ein guter Teil<br />

seines Wesens wieder Wurzel... ich<br />

weiß keinen anderen Namen für unsere<br />

Gründung als "Musikheim". Weder<br />

"Schule" noch "Hochschule" noch "Anstalt"<br />

oder gar "Institut" treffen das,<br />

was heute not tut... Das Musikheim<br />

hat sein deutliches Vorbild in den<br />

Volkshochschulheimen... Seine Aufgabe<br />

ist Ergänzungsbildung, Erwachsenenbildung."<br />

Wissenschaftliche Fun<strong>die</strong>rung<br />

eines Konzepts sieht gewiss<br />

anders aus.<br />

Carl Heinrich Becker war häufig Gast<br />

und Vortragender im Unterricht des<br />

Musikheims, dessen Arbeit sehr ähnlich<br />

gestaltet war, wie wir sie bereits<br />

vom Boberhaus her kennen gelernt<br />

haben. Allerdings stand hier <strong>die</strong> musische<br />

Betätigung im Vordergrund. Für<br />

<strong>die</strong> Volksschullehrer im Lande Brandenburg<br />

war es Pflicht, einmal im Jahr<br />

zu Weiterbildungsmaßnahmen im<br />

Musikheim anzutreten, und wäre<br />

<strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> zu <strong>die</strong>ser Zeit bereits<br />

reichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />

13<br />

Volksschullehrer in Tiefensee gewesen,<br />

hätten wir ihn mit Sicherheit im<br />

Musikheim angetroffen.<br />

Das Veranstaltungsprogramm umfasste<br />

staatliche Lehrgänge in Form von<br />

Vierteljahreskursen für deutsche und<br />

volksdeutsche Lehrer, gewissermaßen<br />

<strong>die</strong> Pflichtaufgabe des Hauses. Dann<br />

<strong>die</strong> von Götsch besonders bevorzugten<br />

Arbeitslager der Jungmannschaft,<br />

deren Höhepunkt das „Convivium Viadrinum"<br />

im Wintersemester 1931/32<br />

war. Daneben weitere Veranstaltungen<br />

mit musischem Schwerpunkt, Musikschulunterricht,<br />

nach der Machtergreifung<br />

auch achtwöchige Kurse für<br />

Landjahr- und Arbeits<strong>die</strong>nstführerinnen.<br />

Die Kurse gliederten sich nicht<br />

nach Fächern, denn Sprache, Musik<br />

und Bewegung wurden als Einheit<br />

aufgefasst. So gab es eine lockere,<br />

wenn auch gut geplante Folge von Lesungen,<br />

Diskussionen, Gruppentänzen,<br />

Laienspiel, Chorgesang, Melo<strong>die</strong>-<br />

und Harmonielehre, körperlicher Arbeit,<br />

Wanderungen, Fahrten und Festen.<br />

Die wenigen 3-4 Jahre, <strong>die</strong> das Musikheim<br />

überhaupt unbehelligt von den<br />

Zwängen des Nationalsozialismus arbeiten<br />

konnte, waren für <strong>die</strong> Beteiligten<br />

eine große Zeit, von der sie mit<br />

Verklärung und Begeisterung berichten.<br />

Nach 1933 musste das Musikheim<br />

dann zunehmend Zugeständnisse in<br />

seinem Programm machen und<br />

Götsch versuchte sich - sicher auch<br />

mit Hilfe seines Parteibuchs - mit<br />

ständig abnehmender Mitarbeiterzahl<br />

ab Kriegsbeginn, so lange wie möglich<br />

durchzulavieren. Im Dezember 1940<br />

wurde das Musikheim dennoch von<br />

den Nazis geschlossen.<br />

Götsch kränkelt seitdem merklich und<br />

zunehmend und schlägt sich als Musiklehrer<br />

an Heimschulen durch. Nach<br />

dem Kriege beteiligte er sich noch an<br />

kleineren Lehrgängen und publizierte<br />

eine große Anzahl von Aufsätzen. Er<br />

wird 1956 auf dem Stadtfriedhof in<br />

Friedrichshafen in Anwesenheit vieler<br />

Wegbegleiter zu Grabe getragen, darunter<br />

auch seine erste Frau Kitty und<br />

beider Tochter, Elisabeth. Die Abschiedsworte<br />

am Grabe spricht für <strong>die</strong><br />

alten Bündischen der einstige Jugendführer<br />

Hans Dehmel.<br />

Das Musikheim <strong>die</strong>nte nach dem Kriege<br />

dem Kleist-Theater als Spielstätte<br />

und stand dann lange ungenutzt. In<br />

jüngster Zeit gibt es Bestrebungen im<br />

Rahmen der Kirchenmusik, das Haus<br />

wieder für <strong>die</strong> Musikerziehung nutzbar<br />

zu machen in Anlehnung an Konzepte<br />

Götschs. 17<br />

Beispiel 3: Mutter Erde und der Genius<br />

Loci in Fantasialand - Gore Farm /<br />

Springhead<br />

Wir kommen zum dritten Teil <strong>die</strong>ses<br />

Beitrags, in dem zwei englische Einrichtungen<br />

beschrieben werden, <strong>die</strong> in<br />

einer Reihung von Boberhaus und Mu-<br />

sikheim stehen – <strong>die</strong>smal eine rein<br />

private Aktivität.<br />

Die hier maßgebliche Person ist der<br />

bereits mehrfach erwähnte Rolf Gardiner.<br />

Er taucht an vielen Orten Mitteleuropas<br />

auf, an denen sich <strong>die</strong> Jugendbewegung<br />

trifft. Ich lasse ihn<br />

gleich selbst seine Einrichtungen beschreiben,<br />

daher ein kurzer Blick auf<br />

<strong>die</strong>se zwiespältige Persönlichkeit, damit<br />

Sie seine Sprache verstehen.<br />

Henry Rolf Gardiner, der sich wegen<br />

seiner Sympathien zu Deutschland nur<br />

17 s. http://www.frankfurter-kinder-und-<br />

jugendkantorei.de

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