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„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

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<strong>die</strong>sen Punkt, d.h. um <strong>Reichwein</strong>s Beziehung<br />

zu Stefan George und seine<br />

Weigerung, über <strong>die</strong> George-<br />

Begegnung Auskunft zu geben. Anderere<br />

Freunde <strong>Reichwein</strong>s, der französische<br />

Diplomat Pierre Vienot bzw.<br />

seine Frau Andree Mayrisch äußerten<br />

sich zu <strong>die</strong>ser Frage 1972 anders und<br />

etwas freier: „ In meiner Erinnerung<br />

bleibt <strong>Reichwein</strong> wie eine Synthese<br />

aus dem Geist des 'George-Kreises'<br />

und des Sozialismus, eine besonders<br />

liebenswerte Figur.“ (erster Briefband,<br />

S. 323, Übersetzung von mir)<br />

Genau das könnte stimmen.<br />

Das Buch von Raulff ist jedenfalls interessant<br />

und aufschlussreich für alle,<br />

<strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> Geistes-, Kultur- und<br />

Bildungsgeschichte Deutschlands im<br />

20. Jh. und für das geistige Milieu interessieren,<br />

in dem <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong><br />

nach dem 1. Weltkrieg erwachsen<br />

geworden ist. Besonders aufschlussreich<br />

erscheint mir, welche Bedeutung<br />

zu jener Zeit noch persönliche<br />

Beziehungen und Freundschaften, das<br />

Schreiben von Briefen und das Lesen<br />

von Büchern hatten. Bei der Lektüre<br />

des Buches von Raulff hat man den<br />

Eindruck, in eine untergegangene<br />

Epoche zurück zu blicken, <strong>die</strong> im<br />

Computerzeitalter nicht mehr wiederkehren<br />

wird.<br />

reichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />

47<br />

Hildegard Becker<br />

1. 3. 1921 - 23. 06. 2011<br />

Hildegard<br />

B e c k e r<br />

(geb. Kalibe)<br />

starb<br />

am 23. 6.<br />

2011 im<br />

Alter von<br />

90 Jahren<br />

in Schöneiche,<br />

wo<br />

sie in den<br />

letzten<br />

Monaten ihres Lebens im Alters- und<br />

Pflegeheim untergebracht war und<br />

betreut wurde.<br />

Ihren 90. Geburtstag konnte sie im<br />

Familien- und Freundeskreis nochmals<br />

in Tiefensee feiern. Hildegard<br />

Becker wuchs im Kreis ihrer Familie in<br />

Tiefensee auf, wo der Vater, Emil Kalibe,<br />

Bürgermeister war und eine große<br />

Landgärtnerei betrieb. Neben Gemüse<br />

und Blumen wurden Obstwiesen<br />

mit zahlreichen Kirschbäumen<br />

kultiviert. Sie half neben ihren beiden<br />

älteren Geschwistern schon früh im<br />

elterlichen Betrieb mit.<br />

1928 - 35 besuchte sie <strong>die</strong> einklassige<br />

Dorfschule in Tiefensee. In ihren letzten<br />

beiden Schuljahren (1934 / 35)<br />

war <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> ihr Lehrer. Über<br />

ihre Schul- und Unterrichtserfahrungen<br />

berichtete uns Hildegard Becker<br />

nochmals ausführlich im Herbst 2010.<br />

Darüber später.<br />

Nach ihrer Schulzeit, noch im Jahr<br />

1935, war sie als Verkäuferin 4 Jahre<br />

in Berlin tätig. Zusammen mit ihrer<br />

Mutter verkaufte sie Obst, Gemüse,<br />

Blumen und vor allem Kirschen in der<br />

Nähe des Berliner Ostbahnhofs. Die<br />

Ware stammte aus der eigenen Gärtnerei.<br />

In Tiefensee lernte sie den jungen<br />

Wehrmachtssoldaten Erich Becker<br />

kennen, den sie 1943 heiratete. Erich<br />

war bei der Gärtnerfamilie einquartiert<br />

und betreute in Tiefenseer Stallungen<br />

viele Wehrmachtspferde. Er<br />

stammte aus Ostpreußen, wo seine<br />

Eltern einen Bauernhof besaßen.<br />

Nach 1945 arbeitete Erich Becker als<br />

Maschinist in der LPG Freudenberg,<br />

einem Nachbarort von Tiefensee,<br />

während Hildegard noch 21 Jahre in<br />

der väterlichen Gärtnerei Vollzeit beschäftigt<br />

war. 1956 übernahm ihr<br />

Bruder <strong>die</strong> Gärtnerei Kalibe und Hildegard<br />

arbeitete dann nur noch stundenweise<br />

als Aushilfskraft mit. Aus<br />

der Ehe zwischen Hildegard und Erich<br />

gingen zwei Kinder hervor.<br />

Ähnlich wie Margot Hönsch, <strong>die</strong> im<br />

Sommer im Alter von 80 Jahren starb,<br />

lebte auch Hildegard Becker, bis auf<br />

eine kurze Zeit, <strong>immer</strong> in Tiefensee.<br />

Zwischen April und August 1945 waren<br />

Hildegard und Erich zusammen<br />

nach Wismar geflohen, wo inzwischen<br />

<strong>die</strong> Eltern Erichs angekommen waren<br />

und lebten. Alle flohen vor der Roten<br />

Armee, deren Vormarsch rasch voranging.<br />

Noch im Herbst 2010 bewohnte Hildegard<br />

ihr Haus in der <strong>Reichwein</strong> Str.<br />

7 zusammen mit ihrem Enkel Kai<br />

Menzel, dessen Freundin und dem<br />

Urenkel Elisa (2 Jahre alt).<br />

Hildegard Beckers Beerdigung fand<br />

einige Tage nach ihrem Tod am 1. Juli<br />

auf dem Friedhof von Tiefensee statt.<br />

- Beschreibung der Beerdigung<br />

- Würdigung Hildegard Be-<br />

ckers als Zeitzeugin <strong>Adolf</strong><br />

<strong>Reichwein</strong>s<br />

- Rückblick auf <strong>die</strong> Begegnun-<br />

gen mit ihr<br />

- unsere Trauerbekundungen,<br />

- Verlust der Zeitzeugin<br />

Zum Gespräch im Oktober 2010<br />

Nach einer längeren Autofahrt durch<br />

eine herrliche Herbstlandschaft kamen<br />

wir (Sabine <strong>Reichwein</strong>, Lothar<br />

Kunz und Konrad Vanja) verspätet in<br />

Tiefensee an, da wir zahlreiche Umleitungen<br />

ausfahren mussten. Die B 58<br />

war weitgehend gesperrt. In Tiefensee<br />

stießen wir zunächst auf <strong>die</strong><br />

umgebaute Gaststätte Spitzkrug,<br />

parkten dort und Sabine suchte zu<br />

Fuß <strong>die</strong> <strong>Reichwein</strong> Straße 7. Dort wartete<br />

Hildegard Becker im Kreis ihrer

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