„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein
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Hier wird also der SS-Obergruppenführer<br />
(Wilhelm) Koppe mit<br />
seinen Funktionen und Ämtern genauer<br />
erwähnt, und damit wird darauf<br />
hingewiesen, dass er auch ein<br />
höherer oder der höchste Polizeiführer<br />
im Warthegau war, dass also SS-<br />
und Polizeiführung im Warthegau in<br />
einer Hand lagen. In beiden Funktionen<br />
war Koppe offenbar dem damaligen<br />
„Reichskommissar f.d.F.d.V“<br />
Heinrich Himmler unterstellt.<br />
Der Vermerk geht wieder nur auf „unsere<br />
(volksdeutschen) Umsiedler“ und<br />
auf <strong>die</strong> im Warthegau ansässigen<br />
deutschen Bauern ein, <strong>die</strong> polnischen<br />
und jüdischen Einheimischen<br />
werden nicht erwähnt.<br />
Was mit ihnen im Juni<br />
1942 bereits geschah, wird von<br />
Christine Hohmann (S.173 f.)<br />
geschildert. Insgesamt geht es<br />
in dem Vermerk darum, mit<br />
den Umsiedlern durch Heimarbeit<br />
eine neue „Warthegau-<br />
Heimkunst zu schaffen“, um<br />
sie „auf das allgemeine Niveau des dt.<br />
Bauern zu heben“ und sie so in den<br />
Warthegau zu integrieren. Als hilfreiche<br />
und unterstützende NS-<br />
Organisationen werden genannt: der<br />
BDM, der Arbeits<strong>die</strong>nst und <strong>die</strong><br />
„Land<strong>die</strong>nstmädel“. Land<strong>die</strong>nstmädel<br />
waren, wie später erläutert wird,<br />
großstädtische Volksschulabgängerinnen,<br />
<strong>die</strong> für ein „Landjahr“ in <strong>die</strong> Dörfer<br />
geschickt wurden.<br />
Am Ende werden als nächste Aufgaben<br />
genannt:<br />
1. <strong>die</strong> Ausbildung entsprechender<br />
Lehrkräfte in 10-tägigen Kursen im<br />
August und September durch Fachleute,<br />
<strong>die</strong> von Prof. <strong>Reichwein</strong> zur Verfügung<br />
gestellt werden, wobei <strong>die</strong><br />
Lehrkräfte Volksschullehrerinnen sowie<br />
Arbeits<strong>die</strong>nst- und BDM-<br />
Führerinnen sein sollen;<br />
2. <strong>die</strong> Zusammenstellung einer Wanderausstellung<br />
„mit ausgesucht schönen<br />
dt. Gebrauchs-gegenständen für<br />
den bäuerlichen Haushalt“, <strong>die</strong> von<br />
Prof. <strong>Reichwein</strong> aufgebaut und im<br />
ganzen Warthegau gezeigt werden<br />
soll;<br />
reichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />
Warthegau<br />
39<br />
3. der Einsatz des Ausstellungswagens<br />
(„Arbeitsstäbe … sorgen für vollzähliges<br />
Erscheinen der Umsiedler und<br />
Volksdeutschen“).<br />
Abschließend wird angemerkt, dass<br />
„eine Schulung der Dobrudschadeutschen<br />
(rund 8000), <strong>die</strong> in Kürze in den<br />
Übergangslagern des Warthegaus eintreffen“<br />
nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />
und Bedingungen in<br />
Frage komme.<br />
6. „An den Herrn Reichserziehungsminister<br />
(mit Anschrift)/ Betrifft:<br />
Landjahr“<br />
Bei <strong>die</strong>sem Dokument handelt es sich<br />
um einen halbseitigen Brief, der auf<br />
den 25.8.42 datiert und von „R. Professor“<br />
signiert wurde. In <strong>die</strong>sem Brief<br />
geht es vor allem um <strong>die</strong> Beantragung<br />
eines viermaligen, 2-3 tägigen Urlaubs<br />
für ein Fräulein Seidel, Leiterin der<br />
„Reichswerkschule des Landjahres“,<br />
<strong>die</strong> für <strong>die</strong> Wiederbelebung des<br />
volkshandwerklichen Binsenflechtens<br />
„bahnbrechendes geleistet“ habe,<br />
und zwar für <strong>die</strong> geplanten Lehrgänge<br />
im Warthegau. Der Brief ist also eine<br />
der Folgen, <strong>die</strong> sich aus der Besprechung<br />
<strong>Reichwein</strong>s mit dem SS- Obergruppen-führer<br />
Koppe am 24.6.1942<br />
in Posen ergeben haben. Er beginnt –<br />
ohne Anrede – mit dem Satz: „Der<br />
Unterzeichnete ist vom Reichskommissar<br />
für <strong>die</strong> Festigung des deutschen<br />
Volkstums aufgefordert worden,<br />
im Warthegau … praktische<br />
Lehrgänge für Werk und Gestaltung<br />
vorzubereiten und zu leiten, … .“ Danach<br />
folgt eine Beschreibung des Projekts<br />
in allgemeinen, sachlichen, ideologieunverdächtigen<br />
Formulierungen.<br />
Es handelt sich eigentlich nicht um ei-<br />
nen Brief an den Minister, sondern<br />
um eine Eingabe, einen Antrag an sein<br />
Ministerium. Dass <strong>Reichwein</strong> hier<br />
nicht den SS-Obergruppenführer<br />
Koppe, sondern den „Reichskommissar<br />
f.d.F.d.V“ als Auftraggeber nennt,<br />
dem Koppe unterstellt war, war<br />
wahrscheinlich eine Taktik, mit der er<br />
im Reichserziehungsministerium mehr<br />
zu erreichen hoffte. Vielleicht, weil<br />
man in <strong>die</strong>sem Ministerium auf <strong>die</strong> SS<br />
weniger gut zu sprechen war als auf<br />
politische, ideologische NS-Kader.<br />
Das „Landjahr“ wurde 1934 als achtmonatiger,<br />
in der Regel von April bis<br />
November dauernder Lageraufenthalt<br />
in ländlicher Umgebung in der<br />
Verantwortung des Reichserziehungsministeriums<br />
(REM) eingeführt.<br />
Teilnehmer waren <strong>die</strong> 14-15jährigen<br />
männlichen und weiblichen Volksschul-absolventen<br />
aus Großstädten,<br />
<strong>die</strong> zum Ende ihrer Schulzeit zum<br />
Landjahr einberufen und in leerstehenden,<br />
für <strong>die</strong>sen Zweck angemieteten<br />
Gebäuden untergebracht wurden.<br />
Der Lageraufenthalt bestand in<br />
der Erntezeit in ganztägigen, sonst in<br />
halbtägigen, unbezahlten Arbeitseinsätzen<br />
sowie in der damals üblichen<br />
Lagererziehung (nach Wikipedia). Die<br />
weiblichen Teilnehmerinnen waren<br />
offenbar <strong>die</strong> in Dok. 5 erwähnten<br />
„Land<strong>die</strong>nstmädel“.<br />
7. „Volkswerkliche Lehrgänge im<br />
Warthegau 1942“<br />
Dieses Dokument ist gut eine Seite<br />
lang und besteht aus zwei Teilen, in<br />
denen <strong>die</strong> Lehrgänge im Warthegau<br />
im Jahr 1942 kurz beschrieben werden.<br />
Der erste Teil wurde von <strong>Reichwein</strong><br />
am 19.10.(1942) signiert, der<br />
zweite Abschnitt wurde auch mit einer<br />
„Signatur“, vermutlich von ihm<br />
versehen, aber ohne Datum.<br />
Im ersten Teil verweist <strong>Reichwein</strong> einleitend<br />
noch einmal auf das Gespräch<br />
mit Koppe am 24. Juni, auf <strong>die</strong> verantwortlichen,<br />
bereits bekannten<br />
Veranstalter und auf <strong>die</strong> verabredete<br />
Aufgabenteilung, wobei erstmals auch<br />
der Reichsstatthalter im oder des<br />
Warthegaus erwähnt wird. Danach