08.03.2013 Aufrufe

„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Reichwein</strong>, in der er sich persönlich,<br />

mit eigenen Worten für <strong>die</strong> Wiedereinführung<br />

der Volkskunde als ein<br />

weiteres Nebenfach in das 1. Staatsexamen<br />

für Sekundarschullehrer einsetzt,<br />

und einem zweiten Teil von 4 ½<br />

Seiten, auf denen <strong>Reichwein</strong> fortlaufend<br />

wörtlich aus den Unterrichtsrichtlinien<br />

für „Volksschulen“ und<br />

„Höhere Schulen“ der Jahre 1938 und<br />

1939 zitiert, um sein Anliegen zu begründen<br />

und zu untermauern, und<br />

zwar gegliedert nach Schulfächern<br />

und Klassenstufen. Die Richtlinien für<br />

Volksschulen wurden von <strong>Reichwein</strong><br />

deshalb herangezogen, weil in ihnen<br />

<strong>die</strong> Voraussetzungen für <strong>die</strong> höheren<br />

Schulen geschaffen werden. Unklar<br />

bleibt, ob mit dem Begriff „Nebenfach“<br />

Volkskunde ein fakultatives oder<br />

ein obligatorisches „Nebenfach“<br />

neben anderen Unterrichtsfächern<br />

oder ein weiteres Fach innerhalb des<br />

sog. Philosophicums, d.h. des pädagogischen<br />

Teils des 1. Staatsexamens<br />

gemeint war.<br />

Die erstaunlich häufige Erwähnung<br />

volkskundlicher Bezüge in den Richtlinien<br />

von 1938 und 1939, <strong>die</strong> <strong>Reichwein</strong><br />

hier zusammenstellte, geht natürlich<br />

nicht auf sein Konto, sondern<br />

geht auf <strong>die</strong> NS-ideologische Begründung<br />

<strong>die</strong>ser Richtlinien zurück. Er hat<br />

sie aber gezielt zur Begründung seines<br />

Anliegens in <strong>die</strong>ser Antragsschrift<br />

verwendet. Ob <strong>die</strong>ses Anliegen und<br />

<strong>die</strong>se Denkschrift von ihm selbst ausging,<br />

oder ob es sich um <strong>die</strong> Auftragsarbeit<br />

eines Vorgesetzten handelte,<br />

muss hier offen bleiben. Jedenfalls<br />

gehört eine solche Zitatensammlung<br />

und „Fleißarbeit“ ansonsten nicht zu<br />

den Formen, in denen sich <strong>Reichwein</strong><br />

schriftlich äußerte.<br />

4. „Besprechung mit SS Obergruppenführer<br />

Koppe (Obergruppe Wartheland)<br />

in Posen 24. Juni“ (1942)<br />

Dieses Dokument ist eine Seite lang<br />

und von <strong>Reichwein</strong> am 25.6. unterzeichnet.<br />

Es handelt sich um <strong>Reichwein</strong>s<br />

Zusammenfassung einer Besprechung<br />

mit SS-Obergruppenführer<br />

Wilhelm Koppe am späten Nachmit-<br />

reichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />

38<br />

tag des 24.6.1942 in Posen, <strong>die</strong> den<br />

Beginn seiner Tätigkeit im Warthegau<br />

markiert.<br />

Zunächst werden Abreisezeit und Ankunftszeit<br />

in Posen, <strong>die</strong> Besprechung<br />

mit Koppe von 16.30 Uhr bis 19.30<br />

Uhr, „in Anwesenheit seines Stabes,<br />

unter anderem Standartenführer<br />

Hübner“, und <strong>die</strong> Rückreise nach Berlin<br />

am 25.6. in der Frühe genau dokumentiert.<br />

Dann folgt der wichtige<br />

Satz: “ Der Obergruppenführer hat<br />

mich zu sich gebeten, um Fragen der<br />

volkserzieherischen Betreuung im<br />

Warthegau mit ihm zu besprechen.“<br />

Die im Warthegau „neu angesiedelten<br />

Volksgruppen“ sollen durch „praktische<br />

volkspflegerische Arbeit“ in <strong>die</strong><br />

„volkskulturellen Traditionen“ des<br />

Warthegaus eingeführt werden, mehr<br />

und Genaueres wird zunächst nicht<br />

gesagt. Das Projekt solle „unter dem<br />

Titel und mit den Mitteln von 'Festigung<br />

des deutschen Volkstums' stattfinden“.<br />

Hinter dem harmlosen Titel<br />

verbirgt sich, wie aus dem nächsten<br />

Dokument hervorgeht, der Reichskommissar<br />

für <strong>die</strong> Festigung deutschen<br />

Volkstums“ , und das war, nach<br />

Auskunft von Christine Hohmann<br />

(S.175, Anm. 311), niemand anderes<br />

als Heinrich Himmler. Eine seiner<br />

Dienststellen befand sich in Posen.<br />

Es folgt der Hinweis, dass Koppe <strong>die</strong><br />

Federführung des Projekts bei sich<br />

behalten wolle und mit den von<br />

<strong>Reichwein</strong> vorgeschlagenen Dienststellen<br />

(Schulverwaltung, Arbeits<strong>die</strong>nst,<br />

BDM) in dem von ihm zu bestimmenden<br />

Sinn zusammenarbeiten<br />

wolle. Dann folgt der Satz: „Ich muß<br />

ihm eröffnen, dass ich persönlich nur<br />

gelegentlich für Mitarbeit in Frage<br />

käme und dass der Schwerpunkt meiner<br />

Arbeit in Berlin läge; daß ich mich<br />

aber gerne um zeitweilige Mitarbeiter<br />

für das Vorhaben Warthegau bemühen<br />

würde.“<br />

Im übrigen folgen <strong>Reichwein</strong>s praktische<br />

Vorschläge zur Durchführung der<br />

Lehrgänge und einer mobilen Ausstellung<br />

über „Bäuerliches Kulturgut“. Die<br />

ersten Lehrgänge von 4 bis 6 Tagen<br />

könnten Ende August beginnen und<br />

<strong>die</strong> Rundfahrt des Ausstellungswagens<br />

Ende Oktober.<br />

Schließlich wird eine Aufgaben- und<br />

Arbeitsteilung zwischen <strong>Reichwein</strong><br />

und Koppe skizziert. <strong>Reichwein</strong> übernimmt<br />

1. <strong>die</strong> Aufstellung der Lehrgangspläne,<br />

2. <strong>die</strong> Vermittlung geeigneter<br />

Hilfs- und Lehrkräfte, 3. <strong>die</strong><br />

Planung des Ausstellungswagens;<br />

„Der Obergruppenführer (Koppe)<br />

übernimmt 1. <strong>die</strong> Bereitstellung einer<br />

geeigneten Schul(ungs)stätte ..., 2. <strong>die</strong><br />

Bereitstellung der Mittel … 3. <strong>die</strong> organisatorische<br />

Vorbereitung der Lehrgänge<br />

… 4. <strong>die</strong> Bereitstellung von<br />

Lastwagen und Chauffeur für <strong>die</strong> Ausstellung<br />

Bäuerliches Kulturgut“.<br />

5. „Vermerk! / Betreffend: Handwerkliche<br />

Schulung im Warthegau /<br />

Besprechung vom 24.6.42“<br />

Das Dokument ist eineinhalb Seiten<br />

lang, undatiert und von B.A.Elsas, einer<br />

Mitarbeiterin von <strong>Reichwein</strong> am<br />

Volkskundemuseum, unterzeichnet.<br />

Es handelt sich um eine zweite, gegenstands-<br />

und themenbezogene Zusammenfassung<br />

desselben Gesprächs,<br />

das wir schon aus der obigen Besprechungsnotiz<br />

von <strong>Reichwein</strong> kennen,<br />

<strong>die</strong> vielleicht ebenfalls am 25.6. formuliert<br />

wurde und offenbar für <strong>die</strong><br />

Akten bestimmt war.<br />

wieder geht es um den Beginn der<br />

volkskundlichen Arbeit <strong>Reichwein</strong>s im<br />

Warthegau. Wichtig ist wieder am<br />

Ende der einführenden Feststellungen<br />

der Satz: „Herr Prof. <strong>Reichwein</strong>, Berlin<br />

C 5, Unter den Linden 5 – hat sich auf<br />

Wunsch des Höh. SS- und Pol.führers,<br />

SS-Obergruppenführer Koppe, bereit<br />

erklärt, <strong>die</strong> Leitung und Oberaufsicht<br />

über <strong>die</strong> gesamte handwerkliche<br />

Schulung im Gau … zu übernehmen.<br />

Die Kosten wird <strong>die</strong> Dienststelle des<br />

Reichskommissars f.d.F.d.V. tragen“,<br />

d.h. <strong>die</strong> Dienststelle des Reichskommissars<br />

für <strong>die</strong> Festigung deutschen<br />

Volkstums, Heinrich Himmler, in Posen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!