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„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

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Da auch <strong>Adolf</strong>-<strong>Reichwein</strong>-Tag war,<br />

wurde selbstredend nicht nur der<br />

Hessische Apfel umsorgt und zerquetscht,<br />

wurden nicht nur emsig<br />

Stützfeiler in frischem Blau von unten<br />

nach oben durch Schülerinnen und<br />

Schüler zu neuem Glanz gestrichen,<br />

sondern es gab außerhalb des Apfelmuses<br />

in den Unterrichtsräumen auch<br />

Projektarbeit zum Thema <strong>Adolf</strong><br />

<strong>Reichwein</strong>. Das war nun zweifellos ein<br />

weiteres Glanzlicht <strong>die</strong>ser Tagung für<br />

uns, denn <strong>die</strong> <strong>Verein</strong>smitglieder hatten<br />

<strong>die</strong> Gelegenheit, <strong>die</strong>sen Projekten<br />

in den Klassen beizuwohnen und -<br />

soweit sie sich im Thema <strong>Reichwein</strong><br />

auskannten – auch kleine Tipps und<br />

Hilfen zu geben. Bewundernswert,<br />

wie gut manche <strong>die</strong>ser Schülerarbeiten<br />

ausfielen, wenn es beispielsweise<br />

galt, fiktive Briefe von <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong><br />

an seine Frau aus der Haft zu<br />

formulieren oder ein Gespräch zwi-<br />

schen beiden als Rollenspiel darzustellen.<br />

Der Berichterstatter kann nur<br />

respektvoll bezeugen, dass <strong>die</strong>se Ergebnisse<br />

erstaunlich dicht an der Realität<br />

waren, ohne dass <strong>die</strong> Schüler etwa<br />

den <strong>Reichwein</strong>-Briefband gelesen<br />

hätten.<br />

Was gab es sonst noch? Die Tagung<br />

begann mit einem Stadtrundgang, geführt<br />

vom Leiter des Wetterau-<br />

Museums, Johannes Kögler. Dem Besuch<br />

des bemerkenswert gut bestückten<br />

kleinen Museums folgte in der Judengasse<br />

das historische Judenbad<br />

reichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />

3<br />

(Mikwe) der seit 1241 in Friedberg<br />

angesiedelten jüdischen Gemeinde,<br />

ein Bau in mit 25 Metern schwindelerregender<br />

Tiefe.<br />

Dann ging es abschließend im letzten<br />

Büchsenlicht zum historischen Torturm<br />

der Burg, in dem sich einst das<br />

Wandervogelnest der Friedberger<br />

Wandervögel befand, zu denen auch<br />

<strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> gehörte. Das wollten<br />

<strong>die</strong> <strong>Reichwein</strong>ianer natürlich sehen!<br />

Aber wer <strong>die</strong> in der <strong>Reichwein</strong>-<br />

Literatur seit vielen Jahren verbreitete<br />

Zeichnung <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>s in Erinnerung<br />

hatte, wird erstaunt darüber<br />

gewesen sein, wie schlecht <strong>Reichwein</strong><br />

den Torturm seinerzeit getroffen hat.<br />

Ihm zur künstlerischen Ehre sei jedoch<br />

verraten, dass wir seit Erscheinen<br />

der Werkausgabe nun endlich<br />

seit wenigen Monaten wissen, dass<br />

<strong>Reichwein</strong>s Zeichnung gar nicht das<br />

Wandervogelnest zeigt, sondern den<br />

Torturm des Schlosses Braunfels an<br />

der Lahn. Von sorgfältiger Recherche<br />

zu <strong>Reichwein</strong>s künstlerischem Œuvre<br />

zeugt das gerade nicht, auch nicht <strong>die</strong><br />

Behauptung im Briefband und der<br />

Werkausgabe, Rolf Gardiner habe<br />

Landwirtschaft stu<strong>die</strong>rt und habe eine<br />

enge Freundschaft zu <strong>Reichwein</strong> gepflegt.<br />

Aber dat krieje mer später, wie<br />

Reformpädagoge Bömmel schon in<br />

der „Feuerzangenbowle“ sagte.<br />

Nach der Begrüßung und dem Dank<br />

unseres <strong>Verein</strong>svorsitzenden, Prof. Dr.<br />

Konrad Vanja, an Schulleiterin<br />

Dorothee Hantschel und ihre Kolleginnen<br />

und Kollegen für <strong>die</strong> Gast-<br />

freundschaft in ihrer Schule, standen<br />

aus gegebenem Friedberger Anlass<br />

zwei Vorträge zum Thema „Jugendbewegung“<br />

an, allerdings leider nicht<br />

über deren frühe Jahre, in denen<br />

<strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> noch im Friedberger<br />

Fähnlein wirkte und frohgemut Lieder<br />

aus dem Zupfgeigenhansl zur Klampfe<br />

schmetterte. Die Vorträge von Hans-<br />

Peter Thun und Klaus Schittko (beide<br />

in <strong>die</strong>sem Heft abgedruckt) beschäftigten<br />

sich vielmehr mit Jahren, in<br />

denen <strong>Reichwein</strong>, bereits den Wandervogelschuhen<br />

entwachsen, als<br />

Volkshochschullehrer und Dozent mit<br />

und in Gruppen das umsetzte, was er<br />

einst bei den Wandervögeln gelernt<br />

hatte. <strong>Reichwein</strong> war nicht, wie viele<br />

andere Jugendbewegte, lebenslang<br />

mit den Ideen und Lebensbildern der<br />

Jugendbewegung diskutierend und<br />

theoretisierend befasst, sondern hatte<br />

sich schon früh emanzipiert auf den<br />

beruflichen Weg gemacht, ohne indes<br />

seine Prägungen je zu verleugnen.<br />

Dabei begegnete er eben auch mehrfach<br />

besagtem Rolf Gardiner, der im<br />

Gegensatz zu <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> vielleicht<br />

doch etwas zu intensiv und zu<br />

lange in den Theorien von Volkes<br />

Scholle, Blut und Boden verharrte.<br />

Ein Vortrag von Eugen Ernst über Aspekte<br />

und Erinnerung an Kindheit und<br />

Jugend von <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> komplettierte<br />

<strong>die</strong> Reihe der Vorträge und<br />

stellte mit seiner Thematik auch eine<br />

gewisse Verbindung zwischen dem<br />

jungen Friedberger und Oberrosbacher<br />

und dem erwachsenen <strong>Reichwein</strong><br />

her. Eugen Ernst war lange Jahre<br />

als Hochschullehrer sowie Mitbegründer<br />

und Direktor des Freilichtmuseums<br />

Hessenpark in Neu-Anspach tätig<br />

und hatte <strong>Reichwein</strong>s Vater noch<br />

kennenlernen können.<br />

Schließen wir zunächst den Apfel- und<br />

Projekttag: Am Ende durfte <strong>die</strong> Familie<br />

<strong>Reichwein</strong>, getreu dem Lebensmotto<br />

von Bruder Martin Luther<br />

"Wenn ich wüsste, dass morgen noch<br />

ein sechster Band der Werkausgabe<br />

anstünde, würde ich heute noch ein<br />

Apfelbäumchen pflanzen", dann tatsächlich<br />

zum Spaten greifen und ein<br />

Apfelbäumchen einbuddeln.

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