Leitfaden zur Umsetzung des Audits FAMILIE & BERUF in ... - BMWA
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Zu Hause ist der/die Gepflegte viel stärker <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kunden/nnenrolle und damit gestärkteren<br />
Position, der für se<strong>in</strong>/ihr Geld e<strong>in</strong>e ordentliche Gegenleistung erwartet. Dass ohne den/die<br />
KlientenI<strong>in</strong> oder gar gegen se<strong>in</strong>en/ihren Willen Pflegehandlungen nicht durchzuführen und auch<br />
gar nicht zielführend s<strong>in</strong>d, ist e<strong>in</strong>e selbstverständliche Grundannahme: d.h. Arbeit für die<br />
KlientInnen ist immer Arbeit mit den KlientInnen. Das Mite<strong>in</strong>ander und Zusammen steht <strong>in</strong> der<br />
mobilen Pflege im Vordergrund. Anders im stationären Bereich, wo es eher möglich, mit<br />
<strong>in</strong>stitutionellem Druck Widerstand zu überw<strong>in</strong>den.<br />
Zeitdruck/Logistik der Arbeit<br />
Zeitdruck wird im mobilen Bereich gravierender erlebt als im stationären und<br />
hat dabei mehrere Aspekte:<br />
Zentral s<strong>in</strong>d dabei die pauschalierten Weg-Zeitenregelungen von e<strong>in</strong>er Klient<strong>in</strong> zu anderen (<strong>in</strong><br />
Wien beispielsweise: im Ausmaß von e<strong>in</strong>er Viertelstunde Wegzeit).<br />
Das Konzept geht von zu betreuenden KlientInnen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten geographisch eng<br />
e<strong>in</strong>gegrenzten Bereich aus, was <strong>in</strong> der Praxis selten bis nie zutrifft. Der Logistikaufwand <strong>in</strong> der<br />
mobilen Pflege ist von vielen Unwägbarkeiten gekennzeichnet, die e<strong>in</strong>e langfristige Planung<br />
e<strong>in</strong>schränken.<br />
Um e<strong>in</strong>e Verm<strong>in</strong>derung der Betreuungsqualität zu verh<strong>in</strong>dern, nehmen Heimhelfer<strong>in</strong>nen oft<br />
lange, unbezahlte Wegzeiten und den damit verbundenen Zeitdruck <strong>in</strong> Kauf.<br />
Auch die E<strong>in</strong>führung der geteilten Dienste, d.h. die Aufteilung der Betreuungszeit bei e<strong>in</strong>em/r<br />
KlientenIn auf zwei getrennte Dienste führt zu e<strong>in</strong>em Anstieg der Fahrt- und Wegezeiten und<br />
erhöht Koord<strong>in</strong>ationsprobleme.<br />
Die knappe Personalbemessung führt dazu, dass ke<strong>in</strong>e zeitlichen Spielräume zum Ausgleich<br />
von kurzfristig aufgetretenen Mehraufwand existieren und ständiges Hetzen ohne Pausen<br />
charakteristisch für diese Arbeits<strong>in</strong>tensivierung ist.<br />
Gleichzeitig steigen jedoch die Arbeitsanforderungen durch folgende Parameter:<br />
• Zunahme jener älteren Menschen, die viel länger als früher zu Hause bleiben:<br />
dies steigert den Betreuungsaufwand pro KlientIn<br />
• Zunahme psychisch Kranker <strong>in</strong> der mobilen Pflege<br />
• Zunahme der Dokumentationsaufgaben (als Arbeits- und Entlohnungsnachweis)<br />
Alles ohne entsprechende Ausweitung der Zeitvorgaben.<br />
Dies führt zum Dilemma zwischen den Erfordernissen e<strong>in</strong>er klientenorientierten Pflege und den<br />
Arbeitszeitzwängen, die von den Betroffenen durch Investition privater Zeit gelöst wird.<br />
Organisatorische Verantwortung<br />
Gefordert ist <strong>in</strong> der mobilen Pflege aufgrund <strong>des</strong> großen Spektrums von Fällen höhere fachliche<br />
Vielseitigkeit als im stationären Bereich. Die fehlende Nähe ärztlicher Kompetenz verlangt auch<br />
hohe Entscheidungsverantwortung, die vor allem für Berufse<strong>in</strong>steiger<strong>in</strong>nen sehr belastend se<strong>in</strong><br />
kann. Es bedarf weiters starker Improvisationsfähigkeit, um trotz fehlender <strong>in</strong>stitutioneller<br />
Infrastruktur unter knappen Zeitressourcen für neue, unbekannte fachliche Probleme<br />
eigenständige Lösungsmöglichkeiten zu f<strong>in</strong>den. Nicht zuletzt geht es um e<strong>in</strong>en geschickten<br />
Umgang mit Ausnahmesituationen, für die im <strong>in</strong>stitutionellen Bereich auf die Hilfe von<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>zur</strong>ückgegriffen werden kann.<br />
Weiters notwendig: hohe Organisationsfähigkeit, nämlich Abstimmung mit unterschiedlichen<br />
Personen und Institutionen und deren E<strong>in</strong>passung <strong>in</strong> den Tagesablauf der verschiedenen<br />
KlientInnen. Bei der Fülle unterschiedlicher Kontakte stellt auch die zeitliche Asynchronizität<br />
hohe Anforderungen: ÄrztInnnen und andere Institutionen können nur zu bestimmten Zeiten<br />
erreicht werden, vieles ist im vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> zu bedenken und zu planen.<br />
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