Leitfaden zur Umsetzung des Audits FAMILIE & BERUF in ... - BMWA
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Emotionale Abgrenzung als Notwendigkeit<br />
Die Notwendigkeit, e<strong>in</strong>e gute Vertrauensbasis herzustellen, um e<strong>in</strong>e erfolgreiche und<br />
befriedigende Pflegarbeit durchführen zu können, erfordert allerd<strong>in</strong>gs auch e<strong>in</strong>e gut<br />
ausgebildete Fähigkeit der emotionalen Abgrenzung. Sonst laufen Pflegekräfte Gefahr, dass<br />
ihre psychische Stabilität und Gesundheit bee<strong>in</strong>trächtigt wird. Dazu ist e<strong>in</strong>e ständige<br />
Gratwanderung notwendig, sich e<strong>in</strong>erseits auf die KlientInnen e<strong>in</strong>zulassen, gleichzeitig<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht von den Bedürfnissen der KlientInnen überschwemmen zu lassen. Umgekehrt<br />
s<strong>in</strong>d die Pflegekräfte auch gefordert, zu den KlientInnen nicht zu sehr auf Distanz zu gehen, da<br />
e<strong>in</strong>e erfolgreiche Arbeit sonst nur schwer möglich wird. Für viele, vor allem jene, die an ihren<br />
Beruf mit hohen Idealen und sehr helferorientiert herangehen, ist diese Gratwanderung nur<br />
schwer zu schaffen.<br />
Burnout als Folge von Belastungen<br />
Die genannten Belastungspotentiale aus den Arbeits<strong>in</strong>halten und –abläufen haben bei sowohl<br />
bei MitarbeiterInnen im stationären als auch im mobilen Pflegebereich oftmals psychische<br />
Erschöpfung und Burnout <strong>zur</strong> Folge. Besonders gefährdet s<strong>in</strong>d vor allem jene, die gerade am<br />
Anfang beruflich besonders stark engagiert s<strong>in</strong>d und hoch gesteckte Ziele verfolgen. Wenn sie<br />
diese nicht erreichen können oder bestimmte Belohnungen ausbleiben, setzt nach ersten<br />
Enttäuschungen und zunehmender Erschöpfung e<strong>in</strong>e Desillusionierung e<strong>in</strong>, die zu e<strong>in</strong>em<br />
reduzierten Engagement führt und oftmals e<strong>in</strong>e Distanzierung von den KlientInnen <strong>zur</strong> Folge<br />
hat. In der Folge überträgt sich der Rückzug von menschlichen Kontakten auch auf den privaten<br />
Bereich. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>des</strong> ursprünglichen Idealismus setzen <strong>in</strong> der Folge oftmals<br />
depressive Schulgefühle oder aggressive Schuldzuweisungen e<strong>in</strong>. Dies kann zu e<strong>in</strong>er<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>es psychosomatischen Krankheitsbil<strong>des</strong> führen, das durch den Abbau kognitiver<br />
Leistungsfähigkeit, e<strong>in</strong>er Verflachung <strong>des</strong> emotionalen und sozialen Lebens und durch<br />
körperliche Beschwerden charakterisiert ist. Im Extremfall kann dieser Prozess im Falle <strong>des</strong><br />
Fehlens von erfolgreichen Interventionen zu tiefer Verzweiflung und letztlich auch zu Suizid<br />
führen<br />
Mögliche Maßnahmen<br />
Teamzentrierte Arbeitsaufteilung<br />
Um denn genannten Belastungen vorzubeugen bzw. gezielt entgegen zu wirken, unternehmen<br />
Pflegee<strong>in</strong>richtungen mit Problembewusstse<strong>in</strong> unterschiedliche Maßnahmen. E<strong>in</strong>ige versuchen<br />
auf organisatorischer Ebene etwa e<strong>in</strong>e stärker teamzentrierte Arbeitsaufteilung zu erreichen, <strong>in</strong><br />
der auf die <strong>in</strong>dividuelle Situation der Pflegekräfte im Rahmen der vorhandenen<br />
organisatorischen Möglichkeiten e<strong>in</strong>gegangen wird. In der stationären Altenpflege hat sich <strong>in</strong><br />
diesem Zusammenhang etwa das Modell der Gruppenpflege bewährt. Hier wird e<strong>in</strong>em<br />
Pflegeteam sämtliche pflegerische Funktionen für e<strong>in</strong>e Gruppe von zu betreuenden KlientInnen<br />
übertragen. Die Pflegegeme<strong>in</strong>schaft erledigt selbständig und eigenverantwortlich alle Arbeiten<br />
im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Ganzheitspflege. Bei der Planung und Ausführung der Pflege steht<br />
vor allem die Dispositionsfreiheit bezüglich der Aufgabenverteilung und die Flexibilität e<strong>in</strong>zelner<br />
Gruppenmitglieder <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Pflegebedürftigkeit der Patienten im Vordergrund. Die<br />
Leitung e<strong>in</strong>es Teams hat e<strong>in</strong>e erfahrende diplomierte Pflegekraft und alle Teammitglieder s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong>nerhalb ihres entsprechenden Aufgabenbereiches gleichberechtigt, d. h. sie können<br />
gleichermaßen sämtliche pflegerische Tätigkeiten durchführen, für die sie zuständig s<strong>in</strong>d.<br />
Untersuchungen (Kirchhoff 1992, Preßl 1999 ) zeigen, dass dieses ganzheitliche Pflegekonzept<br />
sowohl die Patienten- als auch die Mitarbeiterzufriedenheit steigern. Erfahrungsberichte<br />
machen deutlich, dass regelmäßige Teamgespräche helfen können, die Arbeitsorganisation der<br />
Pflegenden zu verbessern.<br />
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