Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht
Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht
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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />
remtorische Einrede (z.B. Art. 127 OR), die für alle Zukunft hemmend auf einen Anspruch<br />
wirkt [Rdn. 57].<br />
Die Einrede (Leistungsverweigerungsrecht) bringt die Forderung nicht zum Erlöschen, die<br />
Forderung besteht weiterhin, sie kann jedoch nicht mehr durchgesetzt werden. Die Einrede<br />
hemmt den Anspruch.<br />
Als subjektives Recht muss die Einrede von demjenigen vorgebracht <strong>und</strong> (weil er damit<br />
zum Kläger wird [Rdn. 53]) bewiesen werden, welcher sich auf sie beruft. Der Richter darf<br />
sie nicht von sich aus berücksichtigen (vgl. Art. 142 OR).<br />
1. exceptio doli (generalis) [KASER §4 II 2; §8 V 2; §9 II 2; §22 II 2b; §26 III 6; §27 I<br />
7c, IV; §33 IV 3, 4; §36 III 2; §37 III 2; §38 IV 2b; §46 I<br />
3a; §53 I 4c, III 4; §83 II 11]<br />
Ego (E) <strong>und</strong> Tu (T) stipulieren [KASER §40 I] ein Darlehensgeschäft: (E) verpflichtet sich, dem (T) sofort<br />
10'000 Sesterzen (HS) zu geben. Im Gegenzug verspricht (T), ebenfalls durch Stipulation, dem (E)<br />
in einem halben Jahr 10'000 HS zu geben. (E) erfüllt jedoch seine Schuld nicht, verlangt aber nach einem<br />
halben Jahr von (T) die Bezahlung der 10'000 HS [Rdn. 54: 1. Fall].<br />
(E) kann mit Hilfe der actio certae pecuniae [Rdn. 388] seine Forderung durchsetzten, er kann sich auf<br />
eine gültige Stipulation berufen. (T) soll also, obwohl er von (E) nichts erhalten hat, diesem 10'000 HS<br />
geben!<br />
Der Richter darf <strong>und</strong> muss nur prüfen, was in der Formel der actio enthalten ist, folglich<br />
müsste er den (T) dazu verurteilen, die 10'000 HS zu bezahlen. Diesem Anspruch kann (T)<br />
aber ein Leistungsverweigerungsrecht entgegensetzen: die exceptio doli.<br />
Wenn (E) vom Prätor die condictio (actio certae pecuniae) [Rdn. 388] zugesprochen erhält, kann<br />
(T) zusätzlich die exceptio doli [vgl. Rdn. 55, 56 <strong>und</strong> 58] einfügen lassen.<br />
Die exceptio ist nun ebenfalls Formelbestandteil, der Richter hat den Fall jetzt nach dieser<br />
neuen Formel zu beurteilen. Dies bedeutet, dass er auch den dolus, die Arglist des (E) zu<br />
prüfen hat.<br />
Die exceptio doli umfasst die in der Vergangenheit begangene Arglist [vgl. Rdn. 57c], sowie<br />
diejenige in der Gegenwart. Denn (E) handelt erst durch die Geltendmachung der Forderung<br />
arglistig (dolus in agendo). Diese auch auf die arglistige Geltendmachung von Forderungen<br />
bezogenen Wirkung der exceptio doli ist mit dem Rechtsmissbrauchsverbot des Art. 2 II<br />
ZGB zu vergleichen.<br />
2. exceptio pacti conventi [KASER §33 IV 3; §38 III 1; §53 II 3b]<br />
(E) hat (T) gegenüber wiederum eine Forderung von 10'000 HS. Sie vereinbaren jedoch mittel formfreier<br />
Vereinbarung (pactum) den Erlass der Forderung [Rdn. 54: 2. Fall].<br />
Die Forderung geht deshalb aber nicht unter, weil eine formfreie Vereinbarung (pactum)<br />
keinen rechtserheblichen Anspruch entstehen lässt [Rdn. 456ff.] (im Gegensatz dazu: Art.<br />
115 OR). Wieder könnte (E) die Forderung mittels condictio geltend machen.<br />
Der Prätor gewährt aber auch dem pactum Rechtsschutz [Rdn. 457], aus dem pactum entsteht<br />
zwar keine actio, aber immerhin eine exceptio: die exceptio pacti conventi [Rdn. 59]. Für<br />
diese exceptio gibt es keine Musterformel, weil immer der Inhalt der Vereinbarung auch den<br />
Inhalt der exceptio bildet. Für diesen Fall gibt es aber, weil er wohl häufig war, eine Art Musterformel<br />
[Rdn. 458].<br />
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