Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht
Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht
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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />
lich nicht mehr durchgesetzt werden, beim Versand von mehreren Stücken dagegen<br />
schon. Vgl. Art. 98 OR)<br />
Es handelt sich zumeist um Schutz- <strong>und</strong> Loyalitätspflichten, die sich aus Treu <strong>und</strong><br />
Glauben (Art. 2 ZGB) ergeben <strong>und</strong> nicht speziell vereinbart werden müssen. Sie sind<br />
ohne Abmachung Inhalt der Verpflichtungslage (des geschuldeten Vertragsinhalts).<br />
Ist keine Naturalerfüllung möglich, so führt das bei den Haupt- <strong>und</strong> Nebenleistungspflichten<br />
- bei Verletzung von Nebenpflichten in jedem Fall - zu Schadenersatz (Art. 97 OR).<br />
D Durchsetzbarkeit <strong>und</strong> Sanktionen<br />
2. Gestaltungsrechte<br />
Gestaltungsrechte setzen eine Gestaltungslage voraus, d.h. die Möglichkeit durch empfangsbedürftige,<br />
einseitige Willenserklärung ein Rechtsverhältnis zu begründen, zu ändern<br />
oder aufzuheben. Die Gestaltungslage bedarf einer objektiv-rechtlichen Gr<strong>und</strong>lage: Im<br />
Kaufvertrag beispielsweise durch Art. 107, 109 OR.<br />
Wird eine Obligation nicht erfüllt, kann der Gläubiger dem Schuldner eine Frist ansetzen,<br />
erfüllt der Schuldner auch innerhalb dieser Frist nicht ( Gestaltungslage), kann der<br />
Gläubiger weiterhin auf Erfüllung bestehen (<strong>und</strong> eine neue Frist ansetzen) oder er kann auf<br />
die Leistung verzichten (Art. 107 II OR).<br />
Im zweiten Fall hat der Gläubiger die ausserdem die Wahl ( Gestaltungslage), weiterhin<br />
am Vertrag festzuhalten oder vom Vertrag zurückzutreten. Beim Festhalten am Vertrag<br />
bietet der Gläubiger seine eigene Leistung (den Kaufpreis) weiterhin an, der Schuldner<br />
hingegen hat Schadenersatz (sek<strong>und</strong>äre Leistung) zu leisten. Es bestehen also zwei Leistungspflichten<br />
auf Bezahlung von Geld, die miteinander verrechnet werden (Differenztheorie).<br />
Da die Schadenersatzsumme üblicherweise grösser ist als der zu bezahlende<br />
Kaufpreis, muss der Schuldner die Differenz leisten.<br />
Beim Rücktritt vom Vertrag (Art. 109 OR) erfolgt keine Leistung des Gläubigers (schon<br />
Geleistetes fordert er zurück) <strong>und</strong> er fordert als Schadenersatz das negative Interesse. Der<br />
Rücktritt vom Vertrag ist ein aufhebendes Gestaltungsrecht.<br />
Neuerdings betrachtet das BGer den Rücktritt nicht mehr als Aufhebung des Vertrages<br />
sondern als Gestaltungsrecht auf Änderung des Vertrages (Umwandlungstheorie). Inhalt<br />
<strong>und</strong> Ziel des Vertrages ist nicht mehr die Erfüllung, sondern die Rückabwicklung.<br />
3. Obliegenheiten<br />
Obliegenheiten sind „Pflichten geringerer Intensität“, deren Verletzung keine Pflichtverletzung<br />
<strong>und</strong> damit keine Verletzung der Obligation ist. Die Sanktion besteht allein in Rechtsnachteilen,<br />
die derjenige, der seinen Obliegenheiten nicht nachkommt, zu tragen hat.<br />
Die Obliegenheit des Käufers, die Sache nach der Übergabe auf Mängel zu prüfen, ist Inhalt<br />
des Kaufvertrages (Art. 201 OR). Er ist zur Prüfung der Sache nicht verpflichtet, verwirkt<br />
aber, wenn er es unterlässt, den Sachmängelanspruch (Wandelung oder Minderung).<br />
Rügt der Käufer Mängel der Sache nicht, so gilt die Sache als genehmigt. Genehmigung ist<br />
eine rechtsgeschäftliche Erklärung. In Art. 201 OR wird, wenn die Rüge unterlassen wird<br />
eine Genehmigung fingiert.<br />
4. Einreden<br />
In Schuldverhältnissen entstehen Einreden ohne spezielle gegenseitige Abmachung kraft<br />
Gesetzes (z.B. Art. 82 OR). Sind in einem synallagmatischen Geschäft die Leistungen „Zug<br />
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