Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht
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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />
A Begründung<br />
a Gesetzliche Pfandrechte<br />
b Rechtsgeschäftliche Begründung<br />
Die Pfandbestellung ist ein Verfügungsgeschäft, das in einer traditio ex iusta causa<br />
vollzogen wird (Art. 884 ZGB). Die Kausalität, d.h. die Abhängigkeit der Gültigkeit<br />
der Verfügung von einer iusta causa wird in Analogie zur Übertragung des Eigentums<br />
(Art. 714 I, 974 II ZGB) angenommen. Die Kausalität der Eigentumsverfügung<br />
hat das BGer in ständiger Rechtsprechung bestätigt (vgl. BGE 55 II 302).<br />
Bei der Unterscheidung im Römischen Recht von pignus <strong>und</strong> hypotheca handelt es<br />
sich nicht um zwei verschiedene Pfandarten, sondern nur um zwei verschiedene<br />
Entstehungsarten [Rdn. 342, 343, 343a].<br />
Die hypotheca entsteht durch formfreie Abrede (pactum) zwischen den Parteien [Rdn.<br />
354, 355]. Die Pfandsache wird dem Pfandgläubiger nicht tradiert, er wird „Fremdbesitzer“<br />
ohne corpus. Dieses besitzlose Pfand kann für Dritte enorme Nachteile mit<br />
sich bringen.<br />
Beispiel<br />
(E) hat eine Sache dem (P) als besitzloses Pfand gegeben. Nun manzipiert (E) die Sache dem<br />
gutgläubigen (D). Dieser wird zwar quiritischer Eigentümer, aber die Sache bleibt mit dem Pfand<br />
belastet (nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet). Begleicht (E) die durch das Pfand gesicherte<br />
Forderung, dann geht das Pfandrecht mit der Forderung unter, <strong>und</strong> (D) erwirbt volles Eigentum.<br />
Wird (E) aber aus irgendeinem Gr<strong>und</strong>e insolvent, hat (D) dem (P) die Sache herauszugeben. (D)<br />
kann zwar gegen (E) aus Rechtsgewährleistung klagen (mit der actio auctoritatis), da aber (E)<br />
insolvent ist, wird (D) kaum etwas erhalten.<br />
Die Bestellung des pignus (die Bezeichnung pignus steht für den Pfandvertrag <strong>und</strong><br />
die körperliche Innehabung der Pfandsache) ist an ein formgeb<strong>und</strong>enes Rechtsgeschäft,<br />
einen Realkontrakt geb<strong>und</strong>en. Der obligatorische Pfandvertrag (iusta causa,<br />
Verpflichtungsgeschäft) kommt dabei durch den Konsens der Parteien <strong>und</strong> die reale<br />
Übergabe (traditio) der Pfandsache [Rdn. 363] zustande. Gleichzeitig (uno actu)<br />
kommt mit der traditio auch das Verfügungsgeschäft (wofür das Verpflichtungsgeschäft<br />
die iusta causa bildet) zustande: Der Pfandgläubiger wird (durch konstitutiv<br />
derivativen Erwerb) beschränkt dinglich Berechtigter.<br />
c Pfandverhältnis <strong>und</strong> Pfandkontrakt<br />
Die iusta causa der Pfandrechtsverfügung besteht im schweizerischen Recht in einem<br />
formfreien Verpflichtungsgeschäft mit folgendem Inhalt: Erstens mit der<br />
Verpflichtung zur Sachübergabe. Und zweitens der Verpflichtung zur Übertragung<br />
des Pfandrechts. (Der Pfandgläubiger ist im schweizerischen Recht nie Eigentümer<br />
der Pfandsache, im Römischen Recht gab es diese Möglichkeit.)<br />
Im Römischen Recht ist der obligatorische Pfandvertrag (pignus) ein Realvertrag,<br />
d.h. der Vertrag bedarf des Konsenses <strong>und</strong> (als Formerfordernis) der realen Sachübergabe.<br />
Deshalb ist die Sachübergabe nicht Leistungsinhalt des römischen Pfandvertrages,<br />
da die Sache im Augenblick der Vertragsentstehung übergeben wird.<br />
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