20.07.2013 Aufrufe

Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />

Damit ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch entstehen kann, müssen die beiden vereinbarten<br />

Leistungen durch einen inhaltlichen Zusammenhang (final, d.h. zweckgerichtet;<br />

oder doch zumindest kausal oder logisch) miteinander verb<strong>und</strong>en sein, sie müssen zusammen<br />

ein Synallagma bilden (do ut des, do ut facias, facio ut facias, facio ut des, „Ich gebe, damit du<br />

gibst, ...).<br />

Fallbeispiel 1<br />

(A) <strong>und</strong> (B) einigen sich formfrei darüber, dass (A) dem (B) den Sklaven Stichus übereignet, <strong>und</strong> dass<br />

dann (B) ihn freilasse. (A) manzipiert darauf dem (B) den Sklaven, (B) lässt ihn aber anschliessend nicht<br />

frei.<br />

Zunächst entsteht dem (A) nur ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, weil mit<br />

der Weigerung des (B) den Sklaven freizulassen der Zweck der Zuwendung entfällt (condictio<br />

causa data causa non secuta oder auch kurz condictio ob causam (datam)).<br />

Mit der Bereicherungsklage kann (A) aber nur auf Rückübertragung des Sklaven klagen,<br />

nicht aber auf Erfüllung.<br />

Deshalb gewährt der Prätor dem (A) die actio praescriptis verbis. Diese actio ist auf das dare facere<br />

oportere ex fide bona gerichtet, d.h. in diesem Fall ist der Anspruch auf Erfüllung der<br />

Hauptleistung gerichtet.<br />

Fallbeispiel 2 [Rdn. 454]<br />

(A) übereignet dem (B) den Sklaven Stichus, damit dieser den Sklaven Pamphilus freilasse. Als (B) den<br />

Pamphilus freigelassen hat, vindiziert (E) den Stichus bei (B).<br />

Trifft den (A) kein Verschulden, so haftet er nur für das negative Interesse im Sinne der<br />

Rechtsgewährleistung der actio empti. Trifft ihn eine Schuld, dann haftet er bis zum positiven<br />

Interesse aus positiver Vertragsverletzung.<br />

Fallbeispiel 3 (Credit-Prüfung vom 6. März 1995)<br />

Der Inhalt der Obligation ist darauf gerichtet, dass (L) den Kreideabbau durch (S) duldet<br />

(non facere-Verpflichtung), <strong>und</strong> dass (S) anschliessend die durch den Abbau entstandenen<br />

Gräben wieder zuschüttet (facere-Verpflichtung). Die beiden Leistungen sind zumindest<br />

kausal miteinander verknüpft, bilden also ein Synallagma.<br />

Rechtlich durchsetzbar wird die Leistung des (S) für den (L) erst, wenn der (S) die Kreide<br />

abgebaut hat, vorher handelt es sich bei der Vereinbarung nur um ein rechtlich unerhebliches<br />

pactum.<br />

Dann aber haftet der (S) dem (L) aus der actio praescriptis verbis nach Treu <strong>und</strong> Glauben (dare<br />

facere oportere ex fide bona) bis zum positiven Interesse.<br />

Gegen den (S) mit der actio de dolo vorzugehen ist deshalb nicht möglich, weil (S) den Schaden<br />

auf dem Gr<strong>und</strong>stück mit Erlaubnis des (L) angerichtet hat. Das Nichteinhalten der<br />

Vereinbarung ist kein rechtlich relevantes sittenwidriges Verhalten. Dies würde eine rechtliche<br />

Relevanz der Vereinbarung selbst voraussetzen. Ist die Vereinbarung jedoch rechtlich<br />

relevant, kann direkt aus ihr geklagt werden, was die actio de dolo, als streng subsidiäre Klage,<br />

entfallen lässt.<br />

V. Das Problem der Vertragsfreiheit<br />

*60

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!