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Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />

Zwischen Vertragsschluss <strong>und</strong> Eintritt (oder Nichteintritt) der Bedingungen befindet<br />

sich der Vertrag in schwebender Ungültigkeit.<br />

III. Schuldnerverzug (mora debitoris) [Rdn. 517ff.]<br />

Nötig war die Figur des Schuldnerverzuges im Römischen Recht, weil die älteren actiones<br />

(stricti iuris) das bona fides-Element noch nicht enthielten.<br />

Zum Eintritt des Verzuges sind folgende Tatbestandselemente zu prüfen: Es darf keine<br />

Unmöglichkeit vorliegen, die Leistung muss fällig ([Rdn. 517]: Natürlich nur, wenn dies<br />

nach Treu <strong>und</strong> Glauben sinnvoll erscheint.) <strong>und</strong> der Schuldner durch Mahnung (ausser<br />

beim Verfalltagsgeschäft) in Verzug setzt worden sein.<br />

Als objektiver Tatbestand tritt der Verzug verschuldensunabhängig ein. Die Wirkungen<br />

treten z.T. ebenfalls verschuldensunabhängig ein (Verzugszins, Art. 104 OR, [Rdn. 525b]),<br />

die restlichen nur bei Verschulden (Verschärfung der Haftung, Verspätungsschaden, Art.<br />

103 OR, [Rdn. 525]).<br />

IV. Schlechterfüllung („nicht gehörige Erfüllung“); das Problem der sog.<br />

„positiven Vertragsverletzung“ [Rdn. 527]<br />

Die sog. „positiven Vertragsverletzungen“ stehen im Gegensatz zu den „negativen Vertragsverletzungen“<br />

Verzug <strong>und</strong> Nichterfüllung, die im BGB allein geregelt sind. Diese echte<br />

Lücke im BGB wurde von HERMANN STAUB 7 – in Analogie zur unfreiwilligen Nichterfüllung<br />

– mittels der Doktrin der „positiven Vertragsverletzung“ gefüllt. Im OR werden<br />

auch diese Fälle durch Art. 97 geregelt [Rdn. 527], der also die Nichterfüllung als solche<br />

<strong>und</strong> die nicht gehörige Erfüllung sanktioniert.<br />

Beispiele positiver Vertragsverletzung<br />

• Einer korrekt gelieferten Maschine wird eine fehlerhafte Bedienungsanleitung beigelegt, weswegen es zu<br />

Störungen <strong>und</strong> Schäden kommt.<br />

• Der Pachtzins eines Bierlokals wird an den Bierumsatz geb<strong>und</strong>en; der Pächter beginnt später, auch<br />

andere Getränke auszuschenken, weswegen der Bierumsatz sinkt.<br />

Ob ein Vertrag gehörig oder nicht gehörig erfüllt ist, ergibt sich zunächst aus dem Gesetz<br />

(essentialia negotii) <strong>und</strong> den Parteivereinbarungen. Dann aus der nach Treu <strong>und</strong> Glauben<br />

vorgenommenen Vertragsauslegung <strong>und</strong>, wenn Vereinbarungen (oder Gesetze) fehlen, aus<br />

durch Treu <strong>und</strong> Glauben begründeten Vertragspflichten.<br />

Nicht gehörig erfüllt ist ein Vertrag, wenn der Vertragsinhalt verletzt wird. Im Bierlokal-<br />

Beispiel verletzt der Pächter den Vertrag, indem er eine aus Art. 2 ZGB abgeleitete Loyalitätspflicht<br />

verletzt. Diese verpflichtet den Schuldner, keine Handlung zu unternehmen, die<br />

den Sinn des Vertrages gefährdet.<br />

Das B<strong>und</strong>esgericht hat die nichtgehörige Erfüllung in BGE 69 II 243 (K/S 17-1) folgendermassen<br />

umschrieben: „Nichtgehörige Erfüllung ist die Verletzung der allgemeinen<br />

Pflicht jeder Vertragspartei, alle Handlungen zu unterlassen, welche geeignet sind, den Vertragszweck<br />

zu gefährden oder zu vereiteln.“ Natürlich gilt nicht nur die non facere-<br />

Verpflichtung, die Vertragsparteien haben auch alle Handlungen zu unternehmen, welche<br />

den Vertragszweck ermöglichen.<br />

7 STAUB HERMANN, Die positiven Vertragsverletzungen, Berlin 1904<br />

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