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Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />

Privat- <strong>und</strong> Prozessrecht noch nicht in der Weise vorgenommen wie heute, nach der Ausdifferenzierung<br />

im Mittelalter unter dem Einfluss der Scholastik):<br />

a) intentio (Klagef<strong>und</strong>ament) [Wenn es sich erweist ... das N m N m verpflichtet ist, ...] [KA-<br />

SER §83 I 3a]<br />

Anders als im heutigen Recht ergab sich der Anspruch nicht aufgr<strong>und</strong> des Gesetzes<br />

(lex), sondern man suchte die für den jeweiligen Anspruch passende actio. Die actiones<br />

waren öffentlich auf dem forum romanum angeschlagen. A o A o hatte nun die Voraussetzungen<br />

der gewählten actio nachzuweisen: Schuldverhältnis, Fälligkeit der Schuld usf.<br />

Ein Beweis wurde als geglückt erachtet, wenn es dem Kläger gelang, den Richter zu<br />

überzeugen, dass ein anderer als der dargebrachte <strong>und</strong> (durch Schriftstücke <strong>und</strong> Zeugen)<br />

belegte Sachverhalt höchst unwahrscheinlich gewesen wäre.<br />

Dann wurde die Gegenpartei zur Beweisführung zugelassen. Sie hatte es insofern leichter<br />

als sie nur nachzuweisen brauchte, dass auch ein anderer als der vom Kläger vorgebrachte<br />

Gang der Dinge im Bereich des Möglichen gelegen hätte.<br />

b) condemnatio (Anweisung an den Richter, zu verurteilen) [...dann ... freisprechen.] [KA-<br />

SER §83 I 3b]<br />

Der Richter hatte nun die Beweise der beiden Parteien (nach seinem Ermessen) zu<br />

würdigen, <strong>und</strong> dann sein Urteil zu fällen. Entweder verurteilte er den Angeklagten zur<br />

Leistung seiner Schuld, oder er wies die Klage ab. (War er jedoch von keiner der beiden<br />

Darstellungen überzeugt, durfte er nicht verurteilen.)<br />

Der Prätor lud N m N m ein, sich an der condictio zu beteiligen. Beteiligte sich N m N m , wurde ein<br />

Vertrag (litis contestatio) [KASER §82 III] geschlossen [Rdn. 579 <strong>und</strong> 582], in dem sich beide<br />

Parteien auf das vorliegende Formular (actio) einigten <strong>und</strong> sich verpflichteten, sich dem Urteil<br />

des Richters zu beugen. Durch diese litis contestatio (Streitbefestigung) ist das Rechtsverhältnis<br />

(Gläubiger Schuldner) zu einem Prozessverhältnis (Kläger Angeklagter) geworden.<br />

Dann bestimmte der Prätor (bei Einigkeit nach dem Wunsche der Parteien) einen Richter<br />

[KASER §81 II 2; §82 II 5, III 3], dessen Name in das Formular eingetragen wurde: Iudex<br />

esto... [Rdn. 584]. Dann wurde die actio an den Richter weitergegeben. Dieser war verpflichtet,<br />

das Verfahren durchzuführen <strong>und</strong> ein Urteil zu fällen [Rdn. 586a] [KASER §84].<br />

Ein gefälltes Urteil war gültig, eine Appellation an ein höheres Gericht gab es nicht. Es<br />

folgte die Vollstreckung [KASER §85].<br />

Sollte sich N m N m nicht auf die Streitbefestigung eingelassen haben, stellte dies der Prätor<br />

fest <strong>und</strong> erliess die missio in bona (die Einweisung in das Vermögen) [KASER §82 II 4e; §85<br />

I, II 2b, §86 III; §87 I 10], d.h. der Kläger erhielt die Berechtigung, das Vermögen des Beklagten<br />

an sich zu ziehen <strong>und</strong> es zu versteigern, um so seine Ansprüche zu befriedigen.<br />

Das war ein indirekter Zwang des Römischen Rechts dem Beklagten gegenüber, sich an<br />

der Streitbefestigung zu beteiligen.<br />

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