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Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />

schulden) ([Rdn. 499]: Auslegung des Art. 101 OR, trotz des unklaren Wortlauts, der von<br />

Verursachen spricht <strong>und</strong> nicht von Verschulden. Das Verschulden wird dem Geschäftsherrn<br />

zugerechnet, der danach aus Art. 97 i.V.m. 101 OR haftet.).<br />

Abgrenzung zu Art. 55 OR<br />

Der Art. 101 OR regelt die vertragliche Haftung des Geschäftsherrn für seine Hilfspersonen<br />

dem Vertragspartner gegenüber. Art. 55 OR regelt die Haftung Dritten gegenüber, die<br />

nicht am Vertrag beteiligt sind.<br />

Der Art. 55 OR gibt dem Geschäftsherrn mehr Möglichkeiten der Exkulpation als der Art.<br />

101 OR. Er braucht nur zu beweisen, dass er geeignetes Hilfspersonal ausgewählt hat (cura<br />

in eligendo), dass er sein Hilfspersonal sachgerecht ausgebildet hat (cura in instruendo), <strong>und</strong><br />

dass er sein Hilfspersonal angemessen überwacht hat (cura in custodiendo). Dies wird dem<br />

Geschäftsherr zumeist leicht gelingen. Daher ist der Art. 55 OR für den Geschädigten relativ<br />

ungünstig.<br />

Das B<strong>und</strong>esgericht hat in neuester Zeit die cura in custodiendo ausgeweitet <strong>und</strong> verlangt nun<br />

vom Geschäftsherrn auch eine zweckmässige Betriebsorganisation. Es hat damit eine Art<br />

Produktehaftpflicht geschaffen, die das neue Produktehaftpflichtgesetz zum grossen Teil<br />

überflüssig macht.<br />

II. Die Drittschadensliquidation [Rdn. 499a]<br />

Bei der Drittschadensliquidation geht es darum, dass jemand den Schaden eines Dritten<br />

seinem Vertragspartner gegenüber durchsetzt, obwohl bei ihm selbst kein Schaden entstanden<br />

ist. Der Dritte, den dieser Schaden trifft, hat dafür selber keinen Anspruch zur<br />

Verfügung. Die Drittschadensliquidation ist aber kein verallgemeinerungsfähiger Gr<strong>und</strong>satz.<br />

Er ist über bestimmte Fallgruppen hinaus nicht zu erweitern.<br />

1. Fallgruppe<br />

Beispiel (Credit-Prüfung vom 4. Juli 1994)<br />

Durch den Anschlag auf den Ochsen ist dem (S) kein Schaden entstanden, da (L) bereits die Preisgefahr<br />

trägt. Für unverschuldeten Untergang der Kaufsache haftet der Verkäufer dem Käufer nicht, dieser hat<br />

aber weiterhin den Kaufpreis zu bezahlen.<br />

Weil dem (S) kein Schaden entstanden ist, kann er gegen den (M) nicht mit der actio legis Aquiliae vorgehen.<br />

Der Schaden entsteht dem (L), in dessen Vermögen der Geldwert der Forderung auf Leistung des<br />

Stiers bereits eingegangen ist. (L) kann aber die aquilische Haftung nicht geltend machen, weil (M) ihm<br />

gegenüber keine Rechtswidrigkeit begangen hat. Es bleibt ihm aber die actio de dolo (Art. 41 II OR), die<br />

keine Rechtswidrigkeit, sondern nur eine den guten Sitten widersprechende, absichtliche (vorsätzliche) Schadenszufügung<br />

verlangt.<br />

Würde nun (M) die Sache nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässig beschädigen, hätte (L)<br />

keinen Anspruch gegen ihn.<br />

Die Gefahrtragungsregel schliesst die Haftung des (M) aus. (M) macht damit aber einwendungsweise<br />

einen Tatbestand geltend, der auf einer fremden Obligation beruht. Obligationen<br />

wirken aber gr<strong>und</strong>sätzlich nur inter partes, andere können für sich keine Rechte daraus<br />

ableiten. Deshalb darf (M) mit seiner Einwendung, die sich auf eine fremde Obligation<br />

stützt, nicht gehört werden.<br />

Im Innenverhältnis zwischen (S) <strong>und</strong> (L) entsteht ein Schaden, der eigentlich hätte bei (S)<br />

entstehen müssen, der aber durch die Obligation zu (L) verlagert wird. Das darf (M) sich<br />

aber nicht anrechnen lassen.<br />

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