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Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />

animus possidendi<br />

animus rem sibi habendi (pro suo) animus alieno nomine habendi (pro alio)<br />

Besitzwillen-für-sich Besitzwillen-für-den-andern<br />

(= Eigenbesitzwille) (= Fremdbesitzwille)<br />

Treffen corpus (evtl. Surrogat) <strong>und</strong> Eigenbesitzwille<br />

zusammen, spricht man vom<br />

Eigenbesitzer. Der Besitz ist von der Berechtigung<br />

unabhängig, auch der Dieb<br />

kann Eigenbesitzer sein.<br />

Der Prätor schützt durch sein interdictum<br />

den Eigenbesitz an sich.<br />

Fremdbesitzer ist jemand, der corpus <strong>und</strong><br />

Fremdbesitzwillen, d.h. den Willen für<br />

jemanden anders zu besitzen hat.<br />

Im Römischen Recht ist der Fremdbesitzer<br />

blosser Besitzdiener, d.h. ihm steht<br />

kein interdictum zur Verfügung.<br />

Ausnahmen: Pfandgläubiger, Prekarist,<br />

Erbpächter, sequester.<br />

Fremdbesitz setzt voraus, dass immer ein anderer gleichzeitig Eigenbesitzer ist. Der Pfandschuldner<br />

z.B. bleibt Eigenbesitzer (<strong>und</strong> quiritischer Eigentümer), obschon sich die Sache<br />

nicht mehr in seinem Gewahrsam (corpus) befindet. Er hat aber den Besitzwillen-für-sich<br />

(animus pro suo), das fehlende corpus wird ersetzt (surrogiert) durch den Besitzwillen-für-denandern<br />

(animus pro alio) des Pfandgläubigers (der die Sache in seinem Gewahrsam hat).<br />

Will aber der Pfandgläubiger die Vase für sich behalten, ersetzt er seinen Besitzwillen-fürden-andern<br />

durch einen Besitzwillen-für-sich, wird er unmittelbar Eigenbesitzer (possessor<br />

ad interdictum), bei ihm vereinigen sich nun animus (pro suo) <strong>und</strong> corpus.<br />

Der Pfandschuldner verliert unmittelbar seinen Eigenbesitz, weil das fehlende corpus nicht<br />

mehr durch den Besitzwillen-für-den-andern des Pfandgläubigers substituiert wird.<br />

Das Eigentum selbst bleibt unangetastet (vgl. Art. 729 ZGB). Denn es gibt keine iusta causa,<br />

die auf Eigentumsbegründung an der Sache gerichtet wäre, nur auf Besitzesverschaffung<br />

(als Pfand). Der Pfandgläubiger kann aus seinem Besitz keine possessio civilis machen<br />

[Rdn. 327].<br />

2. Unselbständiger <strong>und</strong> mittelbarer Besitz sowie Besitzdienerschaft<br />

A Unselbständiger <strong>und</strong> mittelbarer Besitz<br />

Der Pfandschuldner (als Eigentümer) ist selbständiger Besitzer (Eigenbesitzer) <strong>und</strong> hat<br />

mittelbaren Besitz, der Pfandgläubiger ist unselbständiger Besitzer (Fremdbesitzer) <strong>und</strong><br />

hat unmittelbaren Besitz (Art. 919ff. ZGB). Der Fremdbesitzer leitet sein Besitzesrecht<br />

vom selbständigen Besitzer ab.<br />

B Besitzdienerschaft (possessio naturalis)<br />

Vom Besitz (Eigen- oder Fremdbesitz) ist die Besitztdienerschaft abzugrenzen: Der Besitzdiener<br />

hat die Sache zwar real inne, er ist jedoch nicht Besitzer. Charakteristisch für<br />

die Besitzdienerschaft ist die jederzeitige Möglichkeit des Widerrufs der Innehabung<br />

vom Eigentümer. (Im Römischen Recht ist auch der Fremdbesitzer Besitzdiener, d.h.<br />

Besitzer ohne Besitzschutz. Im ZGB ist der Fremdbesitzer Besitzer mit eigenem Besitzschutz.)<br />

Der Besitzdiener hat keinen Besitzwillen, er ist blosser Gehilfe in der Ausübung des Besitzes<br />

(Arbeitnehmer im Verhältnis zum Arbeitgeber, Käufer im Geschäft, im Römischen<br />

Recht auch Mieter, Pächter, Leihnehmer usf.).<br />

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