Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht
Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht
Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />
II. Die Frage des originären Erwerbs<br />
(S) kann die Sache aber ersitzen [Rdn. 303], die Tatbestandselemente der Ersitzung sind erfüllt: Die<br />
Übereignung der Sache erfolgte aufgr<strong>und</strong> einer gültigen iusta causa (emptio venditio). Die Sache ist eine res<br />
habilis, da (L) sie dem (S) gutgläubig weiterverkauft hat [Rdn. 306]. (S) ist possessor civilis.<br />
Ist die Ersitzungszeit abgelaufen, verbleibt (K) nur die Möglichkeit condictio aus ungerechtfertigter Bereicherung<br />
gegenüber (L). (Die Haftung aus Vertrag entfällt hier, weil (L) nicht schuldhaft gehandelt hat.)<br />
Vindiziert (K) jedoch vor Ablauf der Ersitzungszeit, kann (S) dem (K) die exceptio rei venditae et traditae<br />
nicht entgegenhalten, weil der Vindikationskläger (K) die Sache nicht selber verkauft hat [vgl. Rdn.<br />
296]. Die Sache muss dem (K) retourniert werden.<br />
(S) kann gegen (L) aus Vertrag klagen, da dieser ihm für Rechtsmängel der Sache haftet (Spezialbestimmung<br />
des Kaufrechts: Vertragshaftung aufgr<strong>und</strong> einer Garantiehaftung <strong>und</strong> nicht aus Verschulden).<br />
Die Frage ist, ob (S) während der Ersitzungszeit bonitarischer Eigentümer ist oder nicht?<br />
In den drei Fallbeispielen zum bonitarischen Eigentum war der Erwerber wie ein Eigentümer<br />
absolut durch die actio <strong>und</strong> die exceptio (bzw. replicatio) geschützt.<br />
Das Eigentum ist ein absolut subjektives Recht jedermann gegenüber, mit dem Inhalt des<br />
Ausschlusses jedermanns der Sache gegenüber. Bei Verletzung des Ausschlussrechtes entsteht<br />
der Anspruch auf Wiederherstellung des Besitzes, entweder nach ius civile oder durch<br />
die actio Publiciana.<br />
(S) im vierten Fall konnte sich aber gegenüber der Vindikation des quiritischen Eigentümers<br />
nicht auf die exceptio berufen, er war nicht absolut geschützt. D.h. er konnte sein Ausschlussrecht<br />
nicht jedermann gegenüber durchsetzen, er ist also nicht (bonitarischer) Eigentümer.<br />
Bonitarischer Eigentümer ist nur, wer sich auf die actio <strong>und</strong> die exceptio berufen kann. Der<br />
possessor civilis ist nicht zwingend Eigentümer, nur derjenige possessor civilis ist Eigentümer,<br />
der zusätzlich die Sache vom Berechtigten (wenn auch unter Formfehler) erworben hat.<br />
Jeder bonitarische Eigentümer ist auch possessor civilis, aber nicht jeder possessor civilis ist bonitarischer<br />
Eigentümer.<br />
*26