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Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />

Die Ersitzung (usucapio) bedarf bestimmter Voraussetzungen [Rdn. 300ff.]:<br />

• Ungestörter Besitz (possessio)<br />

• Guter Glaube (bona fides) [Rdn. 303f.]<br />

• iusta causa<br />

• Eignung der Sache (res habilis) [Rdn. 305]<br />

• tempus (d.h. 1 bzw. 2 Jahre)<br />

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, erwirbt (K) originär quiritisches Eigentum.<br />

Fallbeispiel zur usucapio<br />

Der Verkäufer (V) verkauft dem Käufer (K) eine ihm nicht gehörende, durch Zufall in seinen Besitz gelangte<br />

Sache; die Übereignung wird durch Manzipation vollzogen.<br />

Aber trotz des gültigen <strong>und</strong> wirksamen Kaufvertrages (emptio venditio) kann (V) das Eigentum an der<br />

Sache nicht auf (K) übertragen, weil er nicht rechtszuständig ist, d.h. keine Verfügungsbefugnis hat. (K)<br />

wird zwar Besitzer der Sache, aber nicht Eigentümer. Ob er die Sache ersitzen kann, hängt von der Erfüllung<br />

der Voraussetzungen ab (siehe oben): Er ist Besitzer, er ist gutgläubig <strong>und</strong> die Sache ist ihm aufgr<strong>und</strong><br />

einer iusta causa übertragen worden. Ist die Sache aber eine res habilis (geeignete Sache)?<br />

Hätte (V) die Sache dem (E) gestohlen, könnte (K) sie nicht ersitzen. Die Sache wäre dann eine res furtiva<br />

oder eine res rapta, jedenfalls keine res habilis <strong>und</strong> somit zur Ersitzung ungeeignet [Rdn. 305]. (K)<br />

könnte nur Besitzer aus gutem Glauben (possessor bonae fidei) sein.<br />

Da sie aber auf andere Weise (Zufall) in den Besitz von (V) gelangt ist, ist sie eine res habilis <strong>und</strong> (K)<br />

wird nach einem Jahr originär Eigentümer. Das Eigentum des früheren Eigentümers (E) geht zugleich<br />

damit unter.<br />

Dem (E) verbleibt der Anspruch (durch condictio) aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen (V). Während<br />

der Jahresfrist allerdings hat (E) die Möglichkeit der Vindikation. (K) hätte dann seinerseits die condictio<br />

aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen (V).<br />

Als Diebstahl gilt im Übrigen schon das Verkaufen einer Sache, die einem nicht gehört<br />

(Mietobjekt, anvertraute Sache, zugelaufenen Sache usf.) in Bereicheungsabsicht. An<br />

Gr<strong>und</strong>stücken ist kein Diebstahl (furtum) möglich [Rdn. 307]. Es ist kein furtum, auch wenn<br />

der Nichtberechtigte ein Gr<strong>und</strong>stück verkauft, obwohl er weiss, dass es ihm nicht gehört.<br />

3. Honorarrechtliches (bonitarisches) Eigentum [KASER §22 II 2b]<br />

Da der Erwerber einer durch traditio übertragenen res mancipi erst nach 1 Jahr (oder 2 Jahren<br />

bei Gr<strong>und</strong>stücken) durch Ersitzung Eigentümer der Sache wird, verbliebe in dieser<br />

Zeit dem Verkäufer (oder einem Dritten) die Möglichkeit der Vindikation. Der Erwerber<br />

wäre in dieser Zeit nicht schützt.<br />

Um dieser unhaltbaren Situation abzuhelfen, wurde honorarrechtlich eine Rechtslage geschaffen,<br />

die den Erwerber schützt als wäre er Eigentümer (bonitarisches Eigentum) [Rdn<br />

269ff.].<br />

Das bonitarische Eigentum ist eine rechtliche Zwischenlage, sie beginnt mit der Übergabe<br />

(traditio) der Sache <strong>und</strong> endet mit dem Erwerb des Eigentums durch Ersitzung (usucapio).<br />

Dann nämlich wird der Erwerber quiritischer Eigentümer während das quiritische Eigentum<br />

beim Verkäufer untergeht [Rdn. 292].<br />

Dem Erwerber steht eine actio utilis ficticia, die actio Publiciana [Rdn. 295] für die Wiedererlangung<br />

der Sache bei Entzug <strong>und</strong> eine exceptio, die exceptio rei venditae et traditae [Rdn. 296]<br />

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