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Römisches Privatrecht I: Allgemeine Grundlagen und Sachenrecht

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Prof. Dr. B. Huwiler WS 1996/97 - SS 1997<br />

II. Inhalt <strong>und</strong> Struktur des Schuldverhältnisses<br />

Wichtig, um zu entscheiden, ob eine Obligation richtig erfüllt worden ist, ist die Frage, was<br />

eigentlich Inhalt der Obligation ist, was geschuldet ist.<br />

Inhalt z.B. jeder obligatio bonae fidei ist Treu <strong>und</strong> Glauben. Heute ist Treu <strong>und</strong> Glauben Inhalt<br />

jeder Obligation (Art. 2 I ZGB).<br />

1. Leistungspflichten <strong>und</strong> Pflichtenlagen (debitum)<br />

Neben den ausdrücklich vereinbarten Leistungen entstehen Leistungspflichten aus Treu<br />

<strong>und</strong> Glauben (Art. 2 ZGB). Die Gesamtheit der Leistungspflichten kann auch als Leistungsprogramm<br />

bezeichnet werden. Jede Abweichung von diesem Programm bedeutet<br />

eine Nicht- oder nicht gehörige Erfüllung (Art. 97 OR) einer bestimmten Leistungspflicht.<br />

A Hauptleistungspflichten<br />

Hauptleistungspflichten sind synallagmatisch aufeinander bezogen (do ut des), insbesondere<br />

Nicht-Geldleistungen. Es sind diejenigen Inhalte eines Vertrages, über die im Sinne<br />

einer Mindestanforderung im Tatbestand eines Rechtsgeschäftes Konsens herrschen<br />

muss (typenbestimmende Pflichten: essentialia negotii).<br />

Die Verletzung des Synallagmas bewirkt den Untergang der andern Hauptleistungspflicht<br />

(vgl. Art. 20, 82, 119 OR).<br />

Der Rücktritt bei Verzug (Art. 107ff. OR) setzt ebenfalls schon eine Verletzung des<br />

Synallagmas voraus.<br />

B Nebenleistungspflichten<br />

Nebenleistungspflichten sind nicht typenbestimmende, zusätzliche Verpflichtungen (accidentalia<br />

negotii) aus Vertrag oder aus Gesetz (z.B. Art. 189, 204 OR).<br />

Die Regelung über die Transportkosten (Art. 189 OR) beispielsweise kommt nur zur<br />

Anwendung, wenn die Sache an einem andern als dem Erfüllungsort geleistet werden<br />

soll. (Die Transportkosten an den Erfüllungsort trägt immer der Verkäufer.) Die Transportkosten<br />

an den Ablieferungsort bilden eine Nebenleistungspflicht. Ihre Verletzung<br />

hat nicht die Aufhebung des Synallagmas zur Folge, auch wenn es Nebenleistungspflichten<br />

gibt, die das Synallagma stören können, wenn z.B. eine Nebenleistungspflicht<br />

für die Erfüllung der Hauptleistungspflicht so unerlässlich ist (condicio sine qua non), dass<br />

ohne sie die Hauptleistungspflicht sinnlos wird.<br />

Haupt- <strong>und</strong> Nebenleistungspflichten sind in der Rechtswirkung miteinander verwandt. Ihnen<br />

beiden ist der Anspruch auf Naturalleistung (also Anspruch auf die Primärleistung)<br />

gemeinsam. So lange die Möglichkeit besteht, sollen sie in natura erfüllt werden. Erst bei<br />

Unmöglichkeit entsteht der Anspruch auf die Sek<strong>und</strong>ärleistung (Schadenersatz). Vgl. Art.<br />

257a OR, Art. 259a OR i.V.m. Art. 98 OR.<br />

C Nebenpflichten<br />

Nebenpflichten unterscheiden sich in der Entstehung nicht von den Nebenleistungspflichten.<br />

Sie unterscheiden sich nur in der Rechtsfolge: Bei Verletzung führen Nebenpflichten<br />

nur zu Schadenersatzansprüchen, sie sind nicht in natura durchsetzbar. (So<br />

kann etwa die Pflicht zu genügender Verpackung eines Einzelversandstückes nachträg-<br />

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