Untitled - Elternverein Baden-Württemberg eV
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CURRICULUM - TRANSITION - Ausbildung zum/r Übergangsbegleiter/in für frühkindliche Bildungsprozesse - Socrates Grundtvig 1.1 Projekt<br />
7. Modul „Naturwissenschaftliche Bildung“<br />
betrachtet werden, was im letzten Jahrhundert<br />
als wahr galt. Die oberen Bevölkerungsschichten<br />
während des 19. Jahrhunderts hielten die<br />
Kindheit für eine romantische und natürliche<br />
Phase der Natur. Eine zweckdienliche und zukunftsorientierte<br />
Erziehung wurde als notwendig<br />
erachtet, um das Kind von zu großem<br />
Einfluss von Natur und Echtheit abzuhalten.<br />
Der Kontrast zum Leben eines Kindes aus dem<br />
Arbeiterstand, frei von Verpflichtungen eines<br />
Erwachsenen, war riesig. Schule war nur für<br />
reiche Kinder zugänglich, jedoch wurde der<br />
Mangel an Wissen bei den niederen Bevölkerungsschichten<br />
über die Erziehung von Kindern<br />
als eine Erklärung für Kriminalität und Sittenlosigkeit<br />
angesehen. Dieses führte dazu, dass<br />
Schulen für alle eingeführt wurden, auch für<br />
„die Kinder des Volkes“.<br />
Die Einführung der öffentlichen Schule in<br />
Schweden kann als Ergebnis der Industrialisierung<br />
und der Urbanisierung in Europa betrachtet<br />
werden. Die öffentliche Schule brachte<br />
Veränderungen mit sich. Die Tatsache, dass<br />
alle Kinder anfingen, tagsüber am selben Ort<br />
zur selben Zeit zu sein, machte sie auf eine völlig<br />
neue Weise sichtbar und einschätzbar. Die<br />
Gesellschaft bekam eine andere Sicht, was das<br />
Anlagegut und die Mankos der Kinder betraf.<br />
Nun wurden die Kinder miteinander verglichen<br />
in Hinsicht auf eine grundlegende Vorstellung<br />
davon, wie sie sein sollten. Ihre physische und<br />
mentale Gesundheit sollte und konnte verbessert<br />
werden, aber die Kinder, die den minimalen<br />
Ansprüchen nicht genügten und die von den<br />
Schuljahren aus physischen, mentalen oder<br />
moralischen Gründe nicht profitierten, wurden<br />
nicht akzeptiert.<br />
Die neuen Erwartungen, mit denen die Kinder<br />
konfrontiert wurden, betrafen auch die Familien.<br />
Väter arbeiteten außer Haus, um das Familieneinkommen<br />
zu verdienen, während Mütter<br />
zu Hause blieben um sicherzustellen, dass<br />
das Kind heil und sauber von der Schule heimkommt.<br />
Die Familie als Einrichtung mit einer<br />
aufmerksamen Mutter, einem Vater als Ernährer<br />
und einem nicht arbeitenden Kind wurde<br />
Realität ebenso wie die Tatsache, dass Kinder<br />
jetzt um ihrer selbst willen geliebt werden sollen<br />
und nicht aus finanziellem Interesse heraus.<br />
II. Themen<br />
In einem berühmten Rechtsfall aus der Jahrhundertwende<br />
zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert<br />
entschied der Richter, dass es<br />
unmöglich sei, Kinder finanziell zu bewerten.<br />
Ihr Wert wäre rein emotional. Zuvor hing der<br />
Wert eines Kindes davon ab, wie viel Geld es<br />
für die Familie verdienen konnte. Beides, die<br />
Individualisierung und das zunehmende Gespür<br />
für Emotionen, waren vor hundert Jahren<br />
neu. Heutzutage betrifft dies natürlich nicht nur<br />
die Sichtweise, wie wir unsere Kinder betrachten,<br />
sondern auch deren Kindheit und Schuljahre.<br />
Das 20. Jahrhundert wurde das Jahrhundert<br />
der Schule. Im Jahre 1900 nahmen 850 schwedische<br />
Schüler an der Abschlussprüfung der<br />
weiterführenden Schule teil. Im Jahre 1950<br />
nahmen 9474 Schüler an der niedrigeren<br />
Schulabschlussprüfung, und 4497 am höheren<br />
weiterführenden Schulabschluss teil. Heutzutage<br />
schließen jedes Jahr 80 000 Schüler ihre<br />
Schule ab und das schwedische Schulsystem<br />
umfasst alles, vom Kindergarten bis hin zur<br />
Ausbildung von Erwachsenen. Heute gibt es<br />
2.500.000 Kinder und/oder Studierende im<br />
schwedischen Schulsystem. Die große Erweiterung<br />
des schwedischen Schulsystems hat mit<br />
der Industrialisierung zu tun und dessen wachsenden<br />
sozialen Unterschieden, aber auch mit<br />
der wachsenden sozialen Komplexität. Wenn<br />
das Wissen nicht mehr von Generation zu Generation<br />
durch Nachahmung der Eltern weitergegeben<br />
wird, ist Schule die Institution, in der<br />
man Dinge lernen kann, die man nicht von den<br />
Eltern lernen kann. Bevor man jedoch anfangen<br />
kann, die Dinge zu lernen, die man wissen<br />
muss, muss es jemand geben, der darüber entscheidet,<br />
was dieses notwendige Wissen sein<br />
soll. Eine oder mehrere Personen müssen es<br />
festlegen und niederschreiben. Damit ist Pädagogik<br />
als Fach für sich geboren und ebenso<br />
Lehrpläne, Ziele und Lehrmaterialien, selbst<br />
wenn diese Vorstellungen und Dokumente eine<br />
lange Geschichte bis hin zum Mittelalter haben.<br />
Aber wer verantwortet die Schuldokumente<br />
und –richtungen?<br />
Zuallererst obliegt die Verantwortung denen,<br />
die die Bildung kontrollieren. Die Schul- und Bildungsgeschichte<br />
unterliegt genauso wie die<br />
Geschichte der Kinder und Kindheit einer an-