Untitled - Elternverein Baden-Württemberg eV
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CURRICULUM - TRANSITION - Ausbildung zum/r Übergangsbegleiter/in für frühkindliche Bildungsprozesse - Socrates Grundtvig 1.1 Projekt<br />
3. Modul<br />
„Entwicklungspsychologische Ansätze”<br />
5.2 Entwicklung der Wahrnehmung<br />
Früher glaubte man, dass Babys in eine verwirrende<br />
Welt mit verschwommenen Formen<br />
und seltsamen Geräuschen geboren werden.<br />
Die meisten Eltern und auch die Forscher<br />
glaubten, dass nur ältere Kinder in der Lage<br />
seien, Gesichter zu sehen, Stimmen wieder zu<br />
erkennen, oder zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen<br />
und Gerüchen zu unterscheiden.<br />
Dank neuer Methoden in der<br />
Wahrnehmungsforschung bei Kindern weiß<br />
man heute, dass Babys bereits direkt nach der<br />
Geburt über beachtliche Fähigkeiten bezüglich<br />
der Sinneswahrnehmung verfügen (Trawick-<br />
Smith, 2006).<br />
Neugeborene können Objekte, die zwischen<br />
ca. 18 cm und 39 cm entfernt sind, bereits<br />
ziemlich gut sehen (Bronson, 1990). Interessanterweise<br />
entspricht dies in etwa dem Abstand<br />
zwischen dem elterlichen Gesicht und<br />
dem Gesicht des Kindes, wenn es gehalten<br />
wird. Die visuellen Fähigkeiten von Babys verbessern<br />
sich insbesondere im Verlauf der ersten<br />
Lebensmonate; es wird angenommen,<br />
dass die Entwicklung der visuellen Wahrnehmung<br />
im Alter von einem Jahr nahezu abgeschlossen<br />
ist (Haith, 1990). Hinweise darauf,<br />
dass Babys bereits klar sehen können bekam<br />
man durch die Beobachtung, dass sie einige<br />
Muster oder Objekte länger betrachten, als andere<br />
(Frick, Colombo & Saxon, 1999).<br />
Fantz (1963) stellte fest, dass Neugeborene<br />
Muster gegenüber soliden Formen bevorzugen.<br />
In weiterführenden Studien konnte gezeigt<br />
werden, dass sie mäßig komplexe Muster gegenüber<br />
einfachen oder hoch komplexen,<br />
sowie gebogene Linien gegenüber geraden<br />
und große Vierecke gegenüber kleinen Vierecken<br />
bevorzugen (Colombo, Frick, Ryther &<br />
Gifford, 1996; Fantz, Fagan & Miranda, 1975).<br />
Bereits im Alter von 4 Monaten können Babys<br />
Farben differenzieren und bevorzugen blau<br />
und rot gegenüber gelb. Somit zeigen sie die<br />
gleichen Farbpräferenzen wie Erwachsene<br />
(Bornstein, 1992).<br />
Neugeborene scheinen den Anblick von Gesichtern<br />
zu bevorzugen (Fantz, 1961; Rose,<br />
Futterweit & Jankowski, 1999).Tatsächlich<br />
konnte in einer Studie gezeigt werden, dass<br />
Neugeborene Zeichnungen mit Gesichtern, die<br />
Merkmale in typischer Reihenfolge zeigen, länger<br />
betrachten als Zeichnungen, die Gesichtern<br />
ähneln, bei denen die Merkmale aber durcheinander<br />
angeordnet sind (Fantz 1963). Diese<br />
Ergebnisse konnten jedoch in folgenden Studien<br />
nicht repliziert werden (Small, 1990). Es<br />
kann sein, dass sehr kleine Kinder Gesichter<br />
nicht per se erkennen, sie jedoch intensiv betrachten,<br />
da sie sehr interessante visuelle Muster<br />
sind. Beispielsweise kann das Lächeln<br />
eines sechs Wochen alten Babys beim Anblick<br />
des Gesichts seiner Mutter hauptsächlich seine<br />
Antwort auf ein Bild mit starken Kontrasten<br />
sein. Eltern sind sich über diesen Sachverhalt<br />
nicht bewusst; sie interpretieren das Lächeln<br />
des Kindes als Zeichen des Wiedererkennens.<br />
Demzufolge unterstützt das dem Neugeborenen<br />
bereits bei der Geburt innewohnende visuelle<br />
Interesse die elterliche Bindung.<br />
In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass<br />
Babys sich in ihrem Blickverhalten unterscheiden<br />
(Frick et al., 1999; Rose et al., 1999). Jüngere<br />
Babys sind „Langgucker“ d.h. sie betrachten<br />
ein neues Objekt einmalig aber über<br />
längere Zeit. Wenn die Babys älter werden,<br />
werden sie oft „Kurzgucker“. Sie betrachten ein<br />
neues Objekt nur kurz, jedoch immer wieder.<br />
Sie bewegen ihren Blick schnell von einem<br />
Merkmal eines Objekts zu einem anderen oder<br />
von Objekt zu Objekt. Interessanterweise fand<br />
Colombo (1995), dass Babys, die in früher<br />
Kindheit bereits „Kurzgucker“ waren, besser in<br />
der Lage sind, Informationen zu verarbeiten<br />
und folglich zu lernen. Babys, die weiterhin<br />
„Langgucker“ bleiben, sind weniger kompetent<br />
in der Informationsverarbeitung.<br />
Zwei weitere Fähigkeiten, die Babys bei ihrer<br />
Wahrnehmung der Welt unterstützen, sind zum<br />
einen die Fähigkeit, ein bewegtes Objekt mit<br />
den Augen zu verfolgen, zum anderen die Fähigkeit,<br />
alle Merkmale eines Objektes zu betrachten,<br />
um so ein komplettes Bild zu erhalten.<br />
Nach Aslin, 1987 machen bereits neugeborene<br />
Babys Versuche, ihre Köpfe zu bewegen und<br />
ihre Augenbewegungen anzupassen, um interessante<br />
Dinge in ihrem Blickfeld zu behalten.<br />
Ihre Bemühungen sind ineffizient und nur wenig<br />
kontrolliert. Sie müssen den gesamten Kopf<br />
II. Themen 89