Untitled - Elternverein Baden-Württemberg eV
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CURRICULUM - TRANSITION - Ausbildung zum/r Übergangsbegleiter/in für frühkindliche Bildungsprozesse - Socrates Grundtvig 1.1 Projekt<br />
2. Modul<br />
„Elternpartizipation in Bildungsprozessen”<br />
Aus diesen Ängsten heraus fällt es der Schule<br />
oft schwer, von sich heraus den Kontakt zu suchen.<br />
Treffen sie sich dann in weitgehend formalisierten<br />
Situationen (z. B. Elternabend,<br />
Elternsprechtag), dann ist es nicht selten, dass<br />
sich Lehrerinnen und Lehrer im vermeintlichen<br />
Interesse eigener Sicherheit auf ihre hierarchisch<br />
überlegene Position zurückziehen.<br />
Damit schwindet die Offenheit als wesentliche<br />
Voraussetzung einer gelingenden Kooperation.<br />
Zudem verlagert sich über die Hausaufgaben<br />
der Unterricht in das Elternhaus hinein. Sie<br />
haben die stärkste Auswirkung auf die Familie<br />
und übersteigen bei weitem die von den Schulbehörden<br />
festgelegten Richtwerte. Die Hausaufgaben<br />
sind in der Familie der Ort, wo die<br />
drei Interaktionspartner tagtäglich aufeinander<br />
treffen:<br />
„Mit den von der Schule formulierten Anforderungen<br />
kommt der Schüler nach Hause und<br />
konfrontiert die Familie mit diesen Forderungen.<br />
Wie er diesen Teil seines Lernstoffs bewältigt,<br />
trägt entscheidend zu seiner<br />
Schulkarriere bei. Das wissen insbesondere die<br />
Mütter. Sie behandeln ihr Kind, wenn es um die<br />
Hausaufgaben geht, nicht als Sohn bzw. Tochter,<br />
sondern als Schüler. Sie übernehmen die<br />
Leistungsstandards der Schule und schlüpfen<br />
in die Rolle des Hilfslehrers… Damit werden<br />
die oben geschilderten Problembereiche zwischen<br />
Lehrern und Eltern akut, ohne gelöst zu<br />
werden, weil der Interaktionspartner Lehrer in<br />
dieser Hausaufgabensituation nicht direkt präsent<br />
ist“ 14 .<br />
Kommunikationsbarrieren und hoch emotionalisierte<br />
Konflikte bauen sich dort auf, wo Familie,<br />
Kindergarten und Schule unterschiedliche<br />
Vorstellungen und Wertorientierungen zu zentralen<br />
Themen wie Erziehung, Bildung, Lernen,<br />
Spielen oder Leistung haben, die nicht offen<br />
ausgehandelt werden. Es entstehen Verständnisprobleme,<br />
die nicht selten mit Rückzug in<br />
den Binnenraum der Institution verbunden sind.<br />
Die Folge sind Abschottungseffekte, die<br />
schließlich die in der jeweiligen Institution vorhandenen<br />
Lösungsmuster zum Tragen kommen<br />
lassen:<br />
Zum Beispiel: Ein temperamentvoller Junge hat<br />
in seiner Familie einen großen Spielraum für<br />
Aktivität, Eigenständigkeit und Eigenverant-<br />
wortung. Er versorgt seinen kleinen Bruder,<br />
während die allein erziehende Mutter arbeitet.<br />
Im Kindergarten erwies er sich als umsichtiger<br />
Helfer in alltagsnahen Situationen, der gerne<br />
die Nähe zur Erzieherin suchte. In der Schule<br />
wurde das Temperament des Jungen bald hervorgehoben,<br />
angemahnt und im nächsten Argumentationsschritt<br />
zur psychischen Belas<br />
tung. Dabei wird dann unterstellt, dass der zwischen<br />
Schule und Kind entstandene Konflikt<br />
von der Familie selbst ausgetragen werden<br />
müsse. Von der Organisation Schule dagegen<br />
kommen vor allem die in der Organisation für<br />
dieses Problem vorgesehenen Behandlungsmuster<br />
in Frage (z.B. Maßnahmen für den Fall<br />
„hyperaktive Kind“).<br />
In einem heute angezeigten systemischen Verständnis<br />
von Familie, Kindergarten und Schule<br />
werden die drei Institutionen, die sich in Ort,<br />
Raum, Zeit, Sprache, Rollenerwartung usw. unterscheiden,<br />
in einem Beziehungsgeflecht gedacht.<br />
Zwischen den jeweiligen Systemen<br />
werden nicht nur unbewusste Beeinflussungen<br />
angenommen, sondern auch Chancen bewusster<br />
Interaktionen und Transaktionen gesehen.<br />
Für die Erziehungs- und Bildungsarbeit<br />
brauchen wir qualifizierte Personen, die diese<br />
Interaktion und Transaktion zwischen den Institutionen<br />
stiften und mit ‚Verständigungsthemen’<br />
ausstatten. Auch wenn hier eine<br />
inhaltliche Vielfalt geboten ist, sind sie auf eine<br />
zentrale Einsicht verpflichtet: Kinder sind nicht<br />
nur als Menschen in Entwicklung, sondern<br />
auch als Personen mit eigenem Recht wahrzunehmen.<br />
Es gilt also, über bürgerschaftliches<br />
Engagement und gleichsam institutionell unabhängig<br />
einen diskursiven Verständigungsprozess<br />
einzuleiten, der Kinder und Erwachsene<br />
respektvoll als aktive Co-Konstrukteure von<br />
Wissen und Kultur und als Bürger mit Rechten,<br />
Pflichten und Möglichkeiten begreift. Leitend ist<br />
heute – international - das Bild eines „reichen“<br />
Kindes, das teilnehmen will an den Vorgängen<br />
in unserer Welt, das neugierig, mutig und mit<br />
eigenem Willen lernt, erkundet und sich im aktivem<br />
Dialog und Beziehungsgeflecht mit anderen<br />
Menschen entwickelt15 .<br />
Aufgabenfelder von Transitionsbegleitern<br />
1. Transitionsbegleiter haben die Funktion<br />
eines „Frühwarnsystems“: Ihr Kontakt zu Familie,<br />
Kindertagesstätte und Schule lässt sie ris-<br />
14 Vgl. Nickel, Horst/Petzold, Matthias: Schule und Familie. In: Lompscher, J./Schulz, Gudrun/Ries, Gerhild/Nickel, Horst (Hrsg.): Leben, Lernen und Lehren<br />
in der Grundschule.Neuwied, Kriftel, Berlin 1997, S. 11-128 (123)<br />
15 Vgl. Fthenakis, Wassilios E./Oberhuemer, Pamela (Hrsg.): Frühpädagogik international. Bildungsqualität im Blickpunkt. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften<br />
2004<br />
I. Transition<br />
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