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Brauchtumslieder - Sauerlandmundart

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wird mehr und mehr zum ausgesprochenen Fest, das nur noch dem Spiel und der<br />

Erholung dient und im Gegenbild zum Alltag und zu den Stunden der eintönigen und<br />

gleichmäßigen Arbeit steht. … Schon in alter Zeit wurden die Bräuche angepasst,<br />

oder sie passten sich den veränderten Verhältnissen an.“ 41<br />

Neben dem Erbringen von Dienstleistungen trat noch eine andere Funktion in den<br />

Vordergrund, welche insofern aus dieser resultiert, als dafür die erbrachten<br />

Dienstleistungen in den so genannten Heischeumzügen Gaben gesammelt wurden.<br />

Hierbei wurden im Anschluss an die Brauchausführung die gaben, meist Essbares<br />

und Trinkbares, bei einem gemeinsamen Mahl vertilgt, wobei dieses Mahl vorrangig<br />

als Ausdruck der Gemeinschaft zu deuten ist. 42 Jedoch wurde das Heischen von<br />

Esswaren auch oft zum Selbstzweck, was zur Folge hatte, dass vornehmlich ärmere<br />

Leute den Brauch ausführten. Als eine sekundäre Funktion wurde schon beim<br />

gemeinsamen Mahl die Förderung des Gemeinschaftsgefühls erwähnt. Ein immer<br />

wieder zu beobachtendes Beispiel ist sicherlich das Phänomen, dass oft Großstädter,<br />

wenn sie Gruppen eines Dorfes oder ein ganzes Dorf bei der Ausübung eines<br />

Brauches beobachten, den Gemeinschaftsgeist dieser Gruppen bewundern. Die<br />

Notwendigkeit solcher gemeinsamer Bräuche und Regeln hebt W. Hävernick hervor,<br />

der in Anlehnung an den Verhaltensforscher Lorenz im Brauch eine Normierung<br />

menschlichen Verhaltens sieht, die lebensnotwendig ist, da der Mensch nicht für jede<br />

Handlung jedes mal logisch vorgehend neu entscheiden kann, wie er sich verhalten<br />

soll. 43<br />

Hierbei müsste jedoch, um sicherzustellen, dass das Brauchtum keine destruktiven<br />

Charakter erhält, ausgeschlossen werden, dass diese Normierung zum Zwang wird<br />

und somit die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen behindert. In diese Richtung<br />

tendiert eine weitere sekundäre Funktion, nämlich die der Differenzierung. Denn<br />

durch Brauchtum werden Gruppen nicht nur zusammengehalten, sondern es heben<br />

sich auch Teile dieser Gruppen voneinander ab. Dies geschieht z.B. durch Standesbräuche<br />

oder Bräuche, die es nur in bestimmten Ortschaften gibt. Dass diese<br />

Differenzierungsfunktion auch leicht ins Negative umschlagen kann, zeigt die<br />

Erfahrung, dass Fremde kaum Möglichkeiten haben, in eine durch das Brauchtum<br />

gestützte Gruppe, seien es nun Standes- oder Ortsgruppen, hineinzukommen und<br />

anerkannt zu werden.<br />

1.3.2 Die Funktion des Liedes im Brauchtum<br />

Dadurch, dass dem Brauchtumslied, wie oben bereits dargestellt, eine starke<br />

funktionelle Bestimmtheit zu eigen ist, und ihm in der Literatur generell wenig<br />

Aufmerksamkeit gewidmet wird, wird die Untersuchung von Volksliedfunktionen,<br />

41 Zender, M.: Der Volksbrauch in der heutigen Zeit. In: Der Deutschunterricht, Stuttgart, 1963, S. 6f.<br />

42 Siuts, H.: w. Anm. 15) S.130.<br />

43 In: Siuts, H. (w. Anm. 17) S. 345.

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