Brauchtumslieder - Sauerlandmundart
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der ausführenden Gemeinschaft, gegenüber anderen Liedgattungen.<br />
19<br />
Die genauen inhaltlichen Aufgaben der Lieder werden im weiteren Verlauf der<br />
Untersuchung darzustellen sein.<br />
1.3.3 Die Träger der <strong>Brauchtumslieder</strong><br />
Da die Frage nach den Trägern der <strong>Brauchtumslieder</strong> wesentliche Aspekte der<br />
Stellung des Volksliedes in einer Gemeinschaft und der Beziehungen innerhalb<br />
derselben berührt, sei auch dieser Punkt kurz aufgeführt.<br />
Selten kam es vor, dass die ganze Ortsgemeinschaft zusammen sang, sondern meist<br />
fanden sich bestimmte Gruppen nach Alter, Geschlecht oder Beruf zusammen. Die<br />
Tradition, durch die die Zusammensetzung der Gruppen der Brauchausführenden<br />
bestimmt ist, hat sich jedoch in den meisten Fällen im Laufe der Zeit einer Wandlung<br />
unterzogen. So ist, was die Ansingelieder betrifft, besonders eine Richtung deutlich<br />
geworden, nämlich, dass Bräuche und ihre Lieder zunächst von Erwachsenen<br />
ausgeführt, immer mehr in jüngere Kreise wandern, bis schließlich nur noch Kinder,<br />
wobei die Kinder der Armen die Endstufe bilden, die Ausführenden sind. „Zwischen<br />
diesen beiden Altersschichten vollzieht sich im Entwicklungsablauf im Allgemeinen<br />
der Übergang meist in der Weise, dass der Brauch in die Kindergemeinschaft absinkt.<br />
Sie stellt überhaupt das soziologische Rückzugsgebiet dar. Die nächste Stufe der<br />
Rückbildung geschieht in der engeren Schicht der Armen, in der Kinder und<br />
Erwachsene wieder nebeneinander stehen.“ 47 Dieses Phänomen wird auch von Siuts<br />
an mehreren Beispielen nachgewiesen. 48 Bei den meisten Ansingeliedern sind jedoch<br />
wahrscheinlich die Kinder und Jugendlichen die eigentliche Trägerschicht. Innerhalb<br />
dieser Gruppe dominiert wiederum eindeutig das männliche Geschlecht. Die<br />
Mädchen und Frauen werden jedoch oft in die Bräuche einbezogen oder waren sogar<br />
Anlass zur Ausübung eines Brauches. Die Rückzugsgebiete der Frauen waren meist<br />
Spinnstubenlieder oder Lieder des Lebenskreises.<br />
Den Grund dafür, dass hauptsächlich Kinder und Jugendliche <strong>Brauchtumslieder</strong><br />
sangen, sieht Siuts auch in einer gewissen „Aufgabe und Pflicht der Jugend einer<br />
Gemeinschaft.“ 49 Sobald dieses Pflichtgefühl nicht mehr bewusst war, übernahmen<br />
zunehmend ärmere Kinder die Heischebräuche und nutzten diese aus, so dass „der<br />
Vortrag der Heischelieder immer mehr zur Bettelei ausartete“ 50 und der Brauch<br />
alsbald ausstarb.<br />
Eine weitere wichtige Trägerschicht ist die der Berufsstände, wobei in der Dorfgemeinschaft<br />
die Hirten und Knechte und in größeren Gemeinden die Nachtwächter<br />
und Handwerksgesellen die Bräuche ausführten.<br />
47 Wetter, H.:(w.Anm. 28) S. 36.<br />
48 Siuts, H.: (w. Anm. 15) S. 119.<br />
49 ebd. S. 130.<br />
50 ebd. S. 130.