Brauchtumslieder - Sauerlandmundart
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unbekannt ist. Der Brauch entstammt der Zeit der Gemeindehuden, in denen die<br />
Kühe oder die Schweine des Dorfes unter Aufsicht von Hütejungen zusammengefasst<br />
waren. Meist wurde zu Pfingsten zum ersten mal wieder ausgetrieben und die Hirten<br />
waren bestrebt, möglichst früh auf der Hude zu sein. So bekamen die ersten<br />
bestimmte Ehrennamen, die letzten wurden jedoch 'Pinkesvoß' genannt und mussten,<br />
vollständig in frischem Birkengrün eingehüllt, durch die Straßen des Dorfes ziehen.<br />
Dabei wurden sie von den Hütemädchen mit folgendem Spruch gehänselt:<br />
Melodietyp VIh Texttyp XI<br />
Pinkesvoß, dai Iulenkopp,<br />
stäit ümme niegen Iuer op,<br />
niegen Iuer is vorbäi,<br />
de Pinkesvoß is näu nit häi.<br />
In därm Duisternsäipen,<br />
sin dai Kierßen räipe,<br />
sin dai Kierßen plunderwäik,<br />
bo de Pinkesvoß inne Bückse schäit.<br />
(M. und T.: Schmalor, Mk. Bsp.27; ebenso Nolte,WVA 8624)<br />
Die Pinkesvösse versuchten nun mit langen Ruten die Mädchen zu 'bestrafen’. Am<br />
Abend versammelten sich alle oberhalb des Dorfes, wo die Pinkesvösse auf einen<br />
Felsen klettern mussten, um sich loszupredigen. Im vorigen Jahrhundert wurde dazu<br />
noch ein ausgiebiges Mahl mit Eierkuchen abgehalten. Der Brauch wurde bis vor 10<br />
Jahren in ähnlicher Form noch ausgeübt, ging dann aber, angeblich wegen des stark<br />
zunehmenden Autoverkehrs, verloren. Wahrscheinlicher ist es, dass der Brauch ausstarb,<br />
weil die Jugendlichen seinen Sinn nicht mehr verstanden und deswegen kein<br />
Interesse mehr an dessen Ausübung hatten. Steht der Brauch auch in der Hagener<br />
Umgebung sehr isoliert da, so ist der 'Letzte beim Aufstehen, Melken, oder Austreiben'<br />
und das Einkleiden mit grünen Büschen eine weit verbreitete Erscheinung 105 .<br />
105 Siuts, H.: (w. Anm.15) S. 13/ Kuhn, A.:(w. Anm. 78) S. 159ff.