Brauchtumslieder - Sauerlandmundart
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3.6 Fastnacht<br />
49<br />
Die Bezeichnungen 'Fastnacht', 'Fasching' oder 'Fastelabend' sind vom mittelhochdeutschen<br />
'vaselen', was soviel heißt wie gedeihen oder fruchten, abgeleitet. Das<br />
Fest hat deshalb wohl seinen Ursprung in vorchristlichen Frühlingsfeiern, welche das<br />
Frühjahr begrüßen und Fruchtbarkeit über das Land bringen sollten. Die Ableitung<br />
des Begriffs von der anschließenden Fastenzeit ist vermutlich erst später<br />
dazugekommen und hat dem Fest eine Interpretation gegeben, die sich in Feiern und<br />
Austoben vor der stillen Fastenzeit beschränkt. Während Schauerte in den römischen<br />
Saturnalien und Lupercalien die Vorläufer des Fastnachttreibens sieht 99 , weist Siuts<br />
die älteste Nachricht von Fastnachtumzügen für das Jahr 742 nach 100 .<br />
Kleideten sich früher die Feiernden oft in Tierfelle ein, um böse Geister abzuschrecken,<br />
so entwickelten sich daraus die kuriosen Masken und Verkleidungen,<br />
welche heute mehr den Sinn haben, unerkannt oder als 'anderer Mensch' Unsinn und<br />
Narretei zu treiben. Fängt der Karneval offiziell schon am 11.November an, so liegen<br />
doch die Hauptfestlichkeiten vom Donnerstag bis Aschermittwoch.<br />
3.6.1 Heischeumzüge<br />
Sehr weit verbreitet sind Heischeumzüge der Kinder, früher auch der Knechte und<br />
Mägde, welche zu dieser Zeit stattfinden. Dabei ziehen die Kinder, in Westfalen meist<br />
am 'Lüttke Fastnacht', das ist der Donnerstag oder auch Weiberfastnacht, verkleidet in<br />
Gruppen von Haus zu Haus und singen den Hausbewohnern ein Lied. Darin fordern<br />
sie meist die Herausgabe einer Wurst, eines Eies oder auch, jedoch seltener, von<br />
Fleisch. Das dabei gesungene Lied ist im Sauerland im Prinzip überall gleich, dessen<br />
Text weist jedoch eine so große Anzahl von Varianten auf, die oft innerhalb eines<br />
Dorfes schon variieren, dass sie im Folgenden nicht alle ausführlich aufgeführt<br />
werden können. Besonders gut ist am 'Lüttken Fastnachtslied' das langsame<br />
Schwinden der plattdeutschen Sprache und die Entstehung von Textvarianten<br />
aufzuzeigen. Für Allendorf ist ein rein plattdeutsches Lied überliefert, welches<br />
inhaltlich von später gesungenen Fassungen abweicht. Die Melodie wird mit großer<br />
Wahrscheinlichkeit eine Variante des Melodietyps VI, wie sie auch heute noch üblich<br />
ist (s.u.), gewesen sein:<br />
99 Schauerte, H.: (w. Anm. 54) S. 38f.<br />
100 Siuts, H.: (w. Anm. 15) S. 35.