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Je ein Beispiel für besonders zugespitzte Situationen aus der österreichischen und<br />
aus der deutschen Rechtsprechung mögen zur Veranschaulichung dienen: Die<br />
Garantie als Sicherungsmittel ist im österreichischen Recht gesetzlich nicht im<br />
einzelnen geregelt. Es fehlt daher auch an einer warnenden Formvorschrift, während<br />
für die (nicht kaufmännische) Bürgschaft Schriftform notwendig ist. Die Judikatur hat<br />
langfristig auch formfreie Garantieerklärungen für wirksam gehalten. Unter dem<br />
Einfluss massiver wissenschaftlicher Kritik hat sie aber neuerdings akzeptiert, dass<br />
die Schutzzwecke der Bürgschaftsform voll und sogar verstärkt auch bei der<br />
sicherungsweisen Garantie zutreffen. Sie hat daher in Analogie (§ 7 ABGB) zur<br />
Bürgschaftsform die bloß mündliche Garantie nunmehr für unwirksam erklärt.<br />
In Deutschland wurde der Architektenvertrag durch viele Jahrzehnte als gemischter<br />
Vertrag beurteilt. Die Forderungen des Architekten wurden daher nur der<br />
allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren unterworfen. Nach einer<br />
Neuinterpretation des Architektenvertrages als Werkvertrag wurde eine speziellere<br />
kurze Verjährungsregel von bloß zwei Jahren anwendbar.<br />
Die beiden Beispiele sind für die hier vertretene Position, die ein Rückwirkungsverbot<br />
ablehnt, besonders schwierig. Denn sie stellen, zum Unterschied von manchen<br />
anderen Fällen, unzweifelhaft echte Vertrauensschutzprobleme: wer sich auf die<br />
bisherige Rechtsprechung verlassen hat, steht unversehens ohne wirksame<br />
Sicherheit da oder er verliert überraschend schnell seine Forderung durch<br />
Verjährung.<br />
Unter diesem Vertrauensschutz- und damit unter dem Rechtssicherheitsaspekt ist<br />
seit einigen Jahrzehnten nach dem Vorbild der USA, wo allerdings die Auffassungen<br />
je nach Einzelstaat und zu verschiedenen Zeiten sehr umstritten waren bzw. sind,<br />
insbesondere in Deutschland, in der Schweiz und zuletzt auch in Österreich eine<br />
umfassende Diskussion darüber entstanden, ob und wie das Vertrauen betroffener<br />
Rechtssubjekte auf eine bestehende Judikaturregel, die durch Interpretation oder<br />
Rechtsfortbildung begründet wurde, geschützt werden kann und soll. Vielleicht hat<br />
diese Diskussion auch bereits auf weitere Länder übergegriffen. Anderenfalls ist das<br />
alsbald zu erwarten.<br />
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