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lässt sich – im günstigen Fall – die Lösung des anstehenden Auslegungsproblems<br />
deduzieren. Am Beispiel: Vom Merkmal „eigenhändig“ in der vieldiskutierten<br />
Formvorschrift für Testamente wäre auf den zugrundeliegenden Zweck zunächst<br />
unter Ausklammerung der kritischen Bereiche, also des maschinell geschriebenen<br />
und des stenografischen Testaments, zurückzuschließen; somit für einen mit<br />
normaler Handschrift (mit welchem Schreibmittel immer) angefertigten Text. In<br />
diesem Beispiel liegt (vom historischen Auslegungsmaterial einmal abgesehen) der<br />
besonders günstige Fall vor, dass nur eine Zweckhypothese ernstlich die um den<br />
konkreten Auslegungszweifel bereinigte geltende Regel erklärt, ohne das ihrer<br />
Bejahung irgendwelche Bedenken als system- oder sachwidrig entgegengehalten<br />
werden könnten: Die Hypothese, der Zweck sei die verlässliche Echtheitsprüfung aus<br />
der Urkunde selbst. Damit ist eine vollkommen zureichende und befriedigende<br />
Erklärung für das Erfordernis der Eigenhändigkeit gegeben.<br />
Auch wenn man die Auslegungsfrage objektiv-teleologisch prüft, folgen also die oben<br />
schon historisch begründeten Resultate ganz unabhängig von den persönlichen<br />
Vorlieben des beurteilenden Juristen, der z. B. subjektiv ein Verfechter möglichst<br />
weitgehender Formfreiheit und dementsprechend milder Interpretation der<br />
Formvorschriften sein mag oder der z. B. eine starke Abneigung gegen ihm selbst<br />
nicht zugängliche (etwa stenografische) Schriftzeichen hat. Das darf eben keinen<br />
Einfluss nehmen. Charakteristisch und auch als Argument gegen radikale Skeptiker<br />
geeignet ist aber die Beobachtung, dass im Beispielsfall die objektiv-teleologische<br />
Auslegung ganz dasselbe Ergebnis liefern würde wie die historisch-subjektive.<br />
Schwieriger wird die objektiv-teleologische Auslegung selbstverständlich sogleich,<br />
wenn mehrere Alternativzwecke ernstlich als taugliche Grundlage der auszulegenden<br />
Regeln in Frage kommen. (Das ist durchaus zu unterscheiden von der sehr häufigen<br />
Situation, dass der problemrelevante und daher methodisch hilfreiche Zweck ein<br />
Kompromiss zwischen zunächst angestellten allgemeineren Zwecküberlegungen ist.)<br />
Auch dann ist es aber noch keineswegs notwendig, zur „richterlichen Eigenwertung“<br />
bei der Wahl zwischen den zunächst tauglichen Zweckhypothesen überzugehen.<br />
Vielmehr sind für die weitere rechtliche Selektion vor dem genannten letzten Ausweg<br />
die allgemeinsten rechtlichen Grundwertungen heranzuziehen, also die<br />
fundamentalen Prinzipien der Rechtsidee, die sich, freilich weitgehend vermittelt<br />
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