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auch der Rechtswissenschaft kann und muss dabei schon deshalb erheblich sein,<br />
weil ihre Vertreter in der Regel in der Lage sind, ohne unmittelbare Bedrängnis durch<br />
den Zwang zur alsbaldigen Entscheidung und daher ohne besondere zeitliche<br />
Schranken, dafür aber in Beschränkung auf selbst gewählte Problemfelder, zu<br />
arbeiten. Die heute vielfach, unter rechtsvergleichendem Einfluss, vertretene<br />
Meinung, dass die Produkte richterlicher Weisheit per se allen Ergebnissen der<br />
professionellen Rechtswissenschaft überlegen seien, ist schon aus diesen Gründen<br />
ganz verfehlt; ebenso wie der – heute freilich wohl von niemandem mehr behauptete<br />
- grundsätzliche Vorrang der Erkenntnisse von „Professoren“ als solchen. Solche<br />
berufsspezifische Vorrangvorstellungen sind, wenn sie ernst gemeint sein sollten,<br />
von erstaunlicher Naivität oder ganz tendenziös, da es nur auf die Stärke der<br />
Argumente im jeweiligen Zusammenhang ankommen kann, von wem immer diese<br />
beigebracht werden.<br />
Praktisch fruchtbar ist die professionelle rechtswissenschaftliche Arbeit freilich nur,<br />
wenn sie die schon genannte juristische Daueraufgabe nicht aus den Augen verliert,<br />
sondern wenigstens als entferntes, mittelbar zu förderndes Ziel auch der<br />
theoretischen Grundlagenarbeit im Auge behält. Rechtstheoretische Bemühungen<br />
mit ganz anderer Zielrichtung werden damit natürlich nicht etwa ausgeschlossen, sie<br />
können aber für die Erfüllung der juristischen Daueraufgabe höchstens Zufallstreffer<br />
beisteuern.<br />
2. Der Streit um die rechtliche Bedeutung des Richterrechts<br />
Die bisher erörterte technisch-informative Bedeutung von „Richterrecht“ als<br />
zweckmäßiges und sogar häufig notwendiges Mittel methodischer, wenn auch<br />
verkürzt argumentierender Rechtsanwendung im üblichen Sinn ist schwerlich zu<br />
bestreiten und dürfte auch tatsächlich ziemlich unbestritten sein. Ganz anders steht<br />
es hingegen bei der Frage, ob und in welchem Umfang Richterrechtsätzen auch<br />
eigenständige rechtliche, also normative Bedeutung zukommt.<br />
Diese Frage ist im „kontinentaleuropäischen“, also grundsätzlich kodifizierten Recht<br />
nach wie vor außerordentlich umstritten. Vor allem die große Bandbreite der dazu<br />
ernstlich vertretenen Meinungen ist angesichts der praktischen Bedeutung des<br />
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