Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz

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und Gegenwärtige bedacht. Es fehlte ihnen an Übersicht und
Weit blick. Planlos und unbedenklich lebten sie in den Tag hinein.
Ihr Leben erschien infolgedessen auch unbekümmert und sorglos.
Wenn wir noch einmal kurz das bisher Beobachtete zusammenfassen,
so sehen wir eine Gruppe von Kindern vor uns, die eine
nur beschränkte Entwicklungsfähigkeit zeigen, die aber dadurch,
daß sie sich in ihr em Lebensbereich gut auskennen, sowie durch
gewisse Selbständigkeit und Verschlagenheit und besonders auch
durch eine geläufige Zunge über die Tatsache ihres nachweisbaren
Schwachsinns hinwegzutäuschen vermögen. Diesen Schwachsinn,
der die Maske der Schlauheit trägt, werden wir am
treffendsten als getarnten Schwachsinn bezeichnenl).
Mit der Herausarbeitung dieser besonderen Spielart des
Schwachsinns mußte sich uns die Frage nach ihrer Entstehung
und darüber hinaus nach dem Ursprung der Wesenseigenart dieser
Jugendlichen stellen.
Eine Antwort auf diese Fragen konnte aber nur durch eine
gründliche Untersuchung über die Herkunft unserer Ausgangsfälle
(Probanden) und ihrer Familien gefunden werden.
Schon bei Beginn der Nachforschungen ergab sich klar, daß
ein großer Teil der dem versteckten Bettel nachgehenden und
herumstreunenden Kinder — von denen einige gewöhnlich debil,
die meisten jedoch getarnt schwachsinnig waren — in verwandtschaftlichen
Beziehungen zueinander standen, so daß es angebracht
schien, weitere Untersuchungen über die Erblichkeitsverhältnisse
in diesen Familien anzustellen.
Alle diese Kinder und Jugendlichen stammten, wie sich bald
herausstellte, von einer bestimmten Gruppe von Familien ab,
die — nach alten Akten und Urkunden — der Stadtverwaltung
seit 60 Jahren ständig Scherereien und hohe Fürsorgelasten verursachten.
Die meisten von ihnen lebten, von der Einwohnerschaft als
Außenseiter gemieden, in alten Eisenbahnwagen und Baracken
1) Das unstete Wesen, die Dekonzentration und die vigile
Aufmerksamkeit der getarnt Schwachsinnigen ist nicht zu verwechseln
mit der motorischen Unruhe, der Rüpelhaftigkeit, der
Zudringlichkeit und plumpen Vertraulichkeit der erethisch Debilen,
die sich nicht fügen können, und die durch ihr unentwegtes Dazwischenreden,
durch ihr ungehemmtes Befingern und Betappen,
ihre Umtriebigkeit und ihren sinnlosen Betätigungsdrang jeden Unterricht
und jedes geregelte Spiel unmöglich machen.
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