Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz
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die Jugendlichen fanden gewöhnlich bald wieder Anschluß an<br />
ihren Schlagl).<br />
Zwischen 1780 <strong>und</strong> 1790 setzte dann — nachdem die Banden<br />
des bayrischen Hiesel <strong>und</strong> des Hannickel in rohester Weise die<br />
Gegend unsicher gemacht hatten — eine tatkräftige Bekämpfung<br />
des Vaganten- <strong>und</strong> Räuberwesens ein, die dazu führte, daß die<br />
Existenz der Gaunergesellschaft weniger deutlich in Erscheinung<br />
trat.<br />
Wenn wir im weiteren Verlauf der Untersuchung über den<br />
Werdegang des Gaunerschlages Klarheit darüber gewinnen wollen,<br />
in welcher Weise sich seine Eigenart forterbte, so wird es zweckmäßig<br />
sein, sich über das Leben der Glieder des Schlages gerade<br />
auch in jener Zeit ausführlich zu unterrichten, in der er sich<br />
infolge der staatlichen Ohnmacht am stärksten entfalten konnte.<br />
Nichts vermag über das Treiben der Vagab<strong>und</strong>en in den Jahren<br />
1730-1780 besser zu unterrichten als das Studium der Inquisitionsprotokolle,<br />
aus denen sich folgendes entnehmen läßt :<br />
Die Bettelvagab<strong>und</strong>en zogen von Ort zu Ort <strong>und</strong> heischten unter<br />
Vorwänden Almosen. Sie rechneten mit der Barmherzigkeit <strong>und</strong><br />
Freigebigkeit der Bürger <strong>und</strong> Bauern oder auch mit deren Furcht<br />
vor dem roten Hahn. Sie blieben auch manchmal als „Lahme"<br />
<strong>und</strong> „Sieche" in einem Ort <strong>und</strong> zogen Nutzen aus dem Mitleid<br />
der Bürger, oder sie trugen fromme Gesichter zur Schau <strong>und</strong> erweckten<br />
den <strong>Ein</strong>druck, als seien sie unterstützungsbedürftige<br />
Pilger. Sie versammelten sich an Wallfahrtsorten <strong>und</strong> in den<br />
Klöstern <strong>und</strong> nahmen teil an der Mildtätigkeit derer, die fromme<br />
Werke tun. Sie gründeten ihr Dasein auf die Schwäche des Herzens<br />
<strong>und</strong> des Verstandes der andern.<br />
Die meisten der Vagab<strong>und</strong>en aber stahlen auch „wenn sie<br />
zu etwas kamen". Gelegenheit macht Diebe. Abseits gelegene<br />
Felder <strong>und</strong> Weinberge boten Früchte, Teiche <strong>und</strong> Bache erlaubten<br />
heimlichen Fischfang, der Wald bot mancherlei Getier.<br />
1) Vgl. hierzu z. B. eine Bemerkung des Waisenhauspfarrers<br />
Schöll vom Jahre 1793: „Unter den vielen, zum Theil auch hofnungsvollen<br />
Jaunerkindern, die da schon erzogen worden sind, giebt es nur<br />
wenige, die nicht nach ihrer Confirmation den Lehrherren <strong>und</strong> Brodherrschaften,<br />
zu denen sie kamen, bälder oder später entloffen, <strong>und</strong><br />
wieder zur Jaunersgesellschaft übergetreten wären." (Aus „Abriß<br />
des Jauner- <strong>und</strong> Bettelwesens in Schwaben" Seite 376.) Stuttgart<br />
bey Erhard <strong>und</strong> Löfl<strong>und</strong> 1793.