Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz
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gewesen sein. Es mag in manchen Fällen an dem Entgegenkommen<br />
einzelner Pfarrer gelegen haben, daß sie diesen gerne aufsuchten.<br />
Aber dieser Gr<strong>und</strong> konnte nicht ausschlaggebend sein. Es wäre<br />
an sich wohl möglich gewesen, Ehen in einer Pfarrei zu schließen,<br />
die mit einem schwachen <strong>und</strong> leicht auszunutzenden Manne besetzt<br />
war, aber Kinder in einer bestimmt en Pfarrei zu gebären<br />
oder in einer bestimmten Pfarrei zu sterben, das ließ sich bei<br />
einem Vagantenleben nicht vorausberechnen.<br />
Die wesentlichen Gründe lagen wohl darin, daß jene Orte, die<br />
einen besonders häufigen Besuch von Vaganten zu verzeichnen<br />
hatten, Gr enz orte waren oder auch Ortschaften, die zu kleineren<br />
Herrschaften gehörten, in denen die Vaganten weniger einer<br />
Verfolgung <strong>und</strong> obrigkeitlichen Härte ausgesetzt waren. Schließlich<br />
waren es auch besonders abgelegene Orte, in denen sie unter<br />
den Ärmsten Verwandte oder Vertraute hatten, die ihnen sonst<br />
als Hehler dienten <strong>und</strong> sie aufnahmen, wenn sie einmal ins<br />
Wochenbett kamen oder auf das Krankenlager geworfen wurden,<br />
<strong>und</strong> in einzelnen dieser Orte fanden sich auch kleine Spitäler,<br />
die ihre Tore vor den Bettelfrauen nicht schlossen.<br />
Mit der Zeit gelang es uns, in dem Gebiet des östlichen Schwarzwaldvorlandes<br />
r<strong>und</strong> 40 namhafte Vagantensippen ausfindig zu<br />
machen, die sich alle wiederum in eine größere Anzahl von Familien<br />
gliederten. Es war auch möglich geworden, in vielen Fällen die<br />
verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen diesen Familien in<br />
jenem Zeitraum, in dem das Vagantentum blühte, aufzudecken. Daß<br />
dieses nicht in allen Fallen gelang, lag in der Natur der Sache,<br />
denn es kam auch —wie erwähnt—häufig vor, daß einzelne Glieder<br />
der Vagantenfamilien über die sonst üblichen Grenzen hinausschweiften,<br />
so daß sie sich heute noch unserem Blick entziehen.<br />
Es ergab sich aber noch eine weitere Schwierigkeit, die nicht<br />
zu überwinden war. Die Gauner sahen sich oft genötigt, Decknamen<br />
anzunehmen, um nicht erkannt zu werden, <strong>und</strong> so kam es<br />
nicht selten vor, daß sie sich auch vor den Pfarrern erdachter<br />
Namen <strong>und</strong> falscher Schriften bedienten, was zur Folge hatte, daß<br />
sie selbst <strong>und</strong> einzelne ihrer Kinder unter falschem Namen liefen,<br />
<strong>und</strong> daß nachträgliche Identifikationen unmöglich wurden.<br />
Wenn es also aus diesen Gründen gar nicht in Frage kommen<br />
konnte, die ganze Vagantengesellschaft jener Zeit ausnahmslos in<br />
all ihren Teilen genealogisch zu verarbeiten, so war es doch möglich,<br />
eine nicht unbeträchtliche Anzahl von alten Vagantenfamilien