Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz

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zu können, wenn sie auch der Obrigkeit gegenüber zuerst ihre
Besserungsfähigkeit betonten.
Wenn sie je eine Arbeit verrichteten, so trieben sie ein Handwerk
zum Schein und zur Rücksicherung. Sie verdingten sich
gelegentlich als Hirten oder Jagdhüter, um desto ungestörter die
Gegend auskundschaften, stehlen und wildern zu können. Hier
und da strickten die Weiber einmal in den Häusern oder
sammelten Heilkräuter und Pilze, um sie hausierend feilzuhalten.
Zur Erhaltung einer zahlreichen Familie konnten derartige
Gelegenheitsarbeiten aber nicht ausreichen. Sie waren alle von
der zwingenden Notwendigkeit ihres Vagabunden- und Gaunerlebens
überzeugt, da sie als ehrlose Leute unter den Seßhaften
und Besitzenden keine Aufnahme finden würden.
Ihre Gleichgültigkeit und Unempfindlichkeit gegenüber ihrem
Schicksal beruhte auf dem Wissen von seiner Unabänderlichkeit.
Hatten nicht ihre Voreltern das gleiche Leben geführt, das auch
sie nicht hatten ändern können ? Waren die Eltern nicht ebenso
wie sie unter freiem Himmel in einem Graben, hinter einem Zaun
im Gebüsch oder in einem Stalle geboren ? Hatte die Mutter nicht
auch erst zwei Beischläfer gehabt, bevor sie den Vater heiratete,
der sie später verließ ?
Und welches Ende hatte das Leben der Vorfahren und all
jener genommen, die sie noch in ihrer Kindheit kannten! Etliche
waren bald nach ihrer Einlieferung im Zuchthaus gestorben. Manche
waren als Unbekannte auf der Fahrt verblichen oder von ihresgleichen
erschlagen worden. Viele waren verschollen, nachdem sie
„auf ewig" des Landes verwiesen wurden, manche von ihnen aber
waren nach heimlich versuchter Rückkehr ertappt und wegen
Bruchs der Urfehde gebrandmarkt worden. Viele hatten aus dem
Arrest nicht mehr ausbrechen können, sondern waren auf die
Galeeren geschickt oder zum Schiffzug nach Ungarn verurteilt
worden, nicht zu rechnen alle jene, die aufs Rad geflochten oder
geköpft worden waren oder ihr Leben am Galgen geendigt hatten.
Ein Schicksal dieser Art konnte ihnen allen bevorstehen.
Ihnen galt es nur, es so lange wie möglich hintanzuhalten.
Sobald sie „in Verhaft kamen", war es für sie notwendig,
alle nur erdenklichen Mittel und Kniffe anzuwenden, um die Obrigkeit
zu täuschen. Zu diesen Zwecken führten sie stets falsche
Namen und — wenn sie dazu kamen — auch „falsche Pässe• .
Sie wußten ihre Unschuld mit ebenso großer Hartnäckigkeit