Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz
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Trotz des <strong>Ein</strong>schreitens der Behörden ändern sich die Verhältnisse<br />
nicht.<br />
<strong>Ein</strong>einhalb Jahrzehnte später richtet der Hausverwalter des<br />
Armenhauses an die Stiftungspflege ein Schreiben'), das diese<br />
Zustände kennzeichnet :<br />
„. . Viele Jahre habe ich diese traurigen Geschichten über<br />
mich ergehen lassen, jetzt aber kann ich nicht mehr . . . Meine<br />
Familie <strong>und</strong> ich sind ges<strong>und</strong>heitlich ruiniert . . . Kein Auge voll<br />
kann man nachts schlafen, solchen Skandal verführt diese Sippschaft.<br />
Bin ich denn dazu angestellt, daß ich zu jeder Nachtzeit<br />
diese Saufbolde einlassen <strong>und</strong> mich <strong>und</strong> meine Angehörigen solchen<br />
Drohungen <strong>und</strong> Beleidigungen unterwerfen muß, wie es sich diese<br />
Leute erlauben ? Ich kann unter solchen Bedingungen mein Amt<br />
nicht weiterführen. Könnte man denn für solche Zigeunerhorde<br />
nicht einen alten Eisenbahnwagen anschaffen <strong>und</strong> ihnen denselben<br />
als Wohnung vor der Stadt draußen aufstellen ? Diese wilden,<br />
rauflustigen; verkommenen Individuen ! H<strong>und</strong>emetzger gehören<br />
von andern Menschen abgesondert .. ."<br />
Aus den älteren Akten erfahren wir außerdem Genaueres,<br />
in welch elenden Verhältnissen diese Familien, zu 10-15 Personen<br />
auf kleinem Raum zusammengepfercht, miteinander hausten.<br />
Ohne Unterschied des Geschlechts, ohne Rücksicht auf Ges<strong>und</strong>heit<br />
oder Krankheit lebten sie dort zusammen mit ihren Geschwistern<br />
<strong>und</strong> Eltern, ihren Frauen <strong>und</strong> Bräuten, ihren ehelichen <strong>und</strong><br />
unehelichen Kindern.<br />
Unwillkürlich taucht hier die Frage nach den Ursachen einer<br />
derartigen „Verkommenheit" auf. Woher mochten diese Familien<br />
stammen, <strong>und</strong> wodurch waren sie auf eine derartig niedrige Stufe<br />
der Verarmung <strong>und</strong> Verwahrlosung herabgesunken ?<br />
Trugen nicht einige dieser Familien die Namen alteingesessener,<br />
angesehener Weingärtnergeschlechter (Winzer, Rebleute) ?<br />
Sollte es nicht möglich sein, die Ursachen für den Niedergang<br />
dieser Sippen aufzudecken ?<br />
Diesen Fragen galt es nun nachzugehen. Es bedurfte weitausholender<br />
Nachforschungen <strong>und</strong> mühsamer genealogischer<br />
Kleinarbeit, um die Vorfahren dieser Familien zu ermitteln.<br />
Je weiter man jedoch in die Vergangenheit zurückgreift, um<br />
so spärlicher werden in den Archiven die Nachrichten über die<br />
1) Orthographie <strong>und</strong> Satzstellung sind verbessert.