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Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz

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Aufzeichnungen über diese mußten sich an Orten finden, die uns<br />

völlig unbekannt waren, die genau so gut in der nahen Umgebung<br />

wie irgendwo im Ausland liegen konnten.<br />

Und selbst dann, wenn es gelänge, die genealogischen Verhältnisse<br />

zu klären, schien es anfangs sehr fraglich, ausgerechnet<br />

über heimatlose Vagab<strong>und</strong>en noch verwertbare <strong>Ein</strong>zelheiten zu<br />

erfahren, denn es hatte sich gezeigt, daß das Urk<strong>und</strong>enmaterial<br />

der Stadtarchive nicht einmal ausreichte, um uns über den Erbwert<br />

der alteingesessenen <strong>Ein</strong>wohner, die 5-6 Generationen vor<br />

uns lebten, erschöpfend Auskunft zu geben.<br />

Der gewichtigste <strong>Ein</strong>wand gegen den Versuch, den Erbwert<br />

der Vaganten zu bestimmen, schien derjenige zu sein, daß die<br />

Landstreicher eine wild zusammengewürfelte Gesellschaft verschiedenartigsten<br />

Herkommens bildeten, <strong>und</strong> daß daher die Möglichkeit,<br />

von ihrer Gesamtheit auf den einzelnen zu schließen, nicht<br />

in Frage kommen könnte, da ihnen kein einheitliches Erbgepräge<br />

eigen zu sein schien.<br />

Insbesondere dann, wenn man Schlüsse auf das Vagantentum<br />

früherer Jahrh<strong>und</strong>erte aus dem zu ziehen geneigt war, was man<br />

über das Landstreichertum der Gegenwart wußte, so mußte man<br />

annehmen, daß diese heimatlosen Menschen entweder auf Gr<strong>und</strong><br />

geistiger Defekte als Sonderlinge umherzogen, oder daß sie auf<br />

Gr<strong>und</strong> besonderer äußerer Schicksale Haus <strong>und</strong> Hof verloren<br />

hatten. Unter diesen Umständen hätte immerhin die Möglichkeit<br />

vorgelegen, daß einzelne dieser Persönlichkeiten — beispielsweise<br />

solche, die etwa durch einen Krieg entwurzelt oder durch einen<br />

Brand ins Unglück gestürzt waren — durchaus nicht minderwertige<br />

Erbanlagen führten.<br />

Der einzige Gr<strong>und</strong>, der dafür sprach, daß solche <strong>Ein</strong>wände<br />

nicht unbedingt stichhaltig sein müßten, war der, daß unserer<br />

anfänglichen Erfahrung nach diese Vagab<strong>und</strong>ennachkommen<br />

doch einen ziemlich einheitlichen Typus darstellten.<br />

Wie wir schon oben andeuteten, schienen diese Menschen, als<br />

sie noch umherzogen, keineswegs schwachsinnig zu sein, dagegen<br />

zeigten sie alle, wie aus den Berichten zu schließen war, einen<br />

merkwürdigen Hang zu einem unbekümmerten <strong>und</strong> sorglosen,<br />

vor allem aber ungeb<strong>und</strong>enen Dasein. Alle unsere Ermittlungen<br />

ergaben, daß sie, wenn sie beispielsweise auf den Bettel ausgezogen<br />

waren, dies nicht mit der Gebärde der Unterwürfigkeit <strong>und</strong> mit<br />

einem Flehen um Almosen getan hatten, sondern daß sie mit einer

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