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Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz

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Von Bedeutung waren in dieser Hinsicht nur zwei Maßnahmen<br />

— ohne daß man natürlich sich dessen bewußt war —,<br />

<strong>und</strong> zwar waren dies die Todesstrafe <strong>und</strong> die lebenslängliche<br />

<strong>Ein</strong>weisung ins Zuchthaus, denn beide führten auf dem Wege<br />

über den Fortpflanzungsausfall zu einer Beschränkung des<br />

Gaunerschlages.<br />

Darüber hinaus hat sich die Gründung zahlreicher Vagantensiedlungen<br />

für die Entwicklung des Schlages als sehr bedeutsam<br />

erwiesen.<br />

Etwa um 1730 herum gestatteten einzelne reichsritterliche<br />

Herrschaften den Vagantenfamilien, sich auf einem Stück<br />

Boden, gewöhnlich in abgelegenen Grenzgebieten an Berglehnen,<br />

eine eigene Behausung zu schaffen <strong>und</strong> sich unter herrschaftlichen<br />

Schutz zu stellen. Es war hierbei nicht eigentlich an<br />

sozialpolitische Maßnahmen gedacht, sondern es handelte sich<br />

mehr um eigennützige Unternehmungen wenig begüterter Standesherren,<br />

die zur Erweiterung ihrer Macht <strong>und</strong> vor allem zur<br />

Vermehrung ihrer <strong>Ein</strong>künfte die Kopfzahl ihrer Untertanen zu<br />

erhöhen suchten.<br />

Die neuen „Schutzverwandten" hatten als Hintersassen, als<br />

Söldner oder Gnadenhäusler jährlich ein Kopfgeld von einigen<br />

Gulden zu entrichten. Sie standen aber auch sonst in Abhängigkeit<br />

von ihrer Schutzherrschaft, da sie im Falle der Verehelichung<br />

um einen Heiratskonsens nachsuchen mußten oder auch gelegentlich<br />

Frondienste zu leisten hatten. Kamen sie ihren Pflichten<br />

nicht nach, so verloren sie Huld <strong>und</strong> Schutz <strong>und</strong> waren genötigt,<br />

wieder als nirgends geduldete Vagab<strong>und</strong>en heimatlos umherzuziehen.<br />

Die Möglichkeit sich anzusiedeln, brachte den Angehörigen<br />

des Vagantenschlages vor allem den von ihnen gesuchten Nutzen,<br />

daß sie in Form der ihnen ausgehändigten Schutzbriefe jene<br />

„Schriften" hatten, die sie beim Ûberschreiten der Landesgrenzen<br />

oder auch den Hatschieren, Streifern <strong>und</strong> Schultheißen<br />

gegenüber als Legitimation benötigten.<br />

Zu einer eigentlichen Seßhaftmachung der Vaganten<br />

kam es jedoch nicht. Die Gründe hierfür lagen nach<br />

gemeiner Ansicht in dem äußeren Umstand, daß die Herrschaften<br />

den Kolonisten weder Weide noch Ackerland zur Verfügung<br />

gestellt hatten, sodaß die Ansiedler aus Mangel an<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Verdienstmöglichkeiten sich den Broterwerb weiter

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