Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz
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wärmen war. Im Laufe der Zeit verwahrloste sie derart, daß sie<br />
versteckt werden mußte, wenn der Kreisphysikus zur Ortsbesichtigung<br />
kam. Als ihre Verlotterung nicht mehr mit anzusehen<br />
war, ließ der Bürgermeister im Ort ausschellen, wer es<br />
auf sich nehmen wollte, die Madel zu reinigen. Für 6 Gulden<br />
übernahm es schließlich die Hebamme. Sie feuerte im Waschhaus<br />
ein, kaufte Soda <strong>und</strong> Seife, riß dem Weiblein die Lumpen ab,<br />
steckte sie in den Kessel <strong>und</strong> bürstete sie mit einem Reisigbesen<br />
ab. Die Alte lag lange krebsrot darnieder, schließlich setzte sich<br />
ihre widerstandsfähige Natur doch noch durch, <strong>und</strong> sie genas.<br />
Sie war das letzte Lumpen- <strong>und</strong> Bettelweib ihrer Art im Ort.<br />
Der „R a ufer" wuchs in äußerst ungeordneten Verhältnissen<br />
auf. Als Sohn des Erzlumpen war er mit seinen Eltern in seinen<br />
Kinderjahren in Frankreich <strong>und</strong> Amerika, später zog er als<br />
Hausierer mit einem Karren umher <strong>und</strong> wurde oft wegen erschwerten<br />
Bettels <strong>und</strong> Diebstahls bestraft. Er ehelichte die Tochter eines<br />
Scherenschleifers. Diese setzte drei Kinder in der Nähe einer Ortschaft<br />
aus, um ihrem Mann in die Schweiz folgen zu können, der<br />
sich dorthin geflüchtet hatte, da er unter Anklage stand, einem<br />
Bauern den roten Hahn aufs Dach gesetzt zu haben. Bei Raufhändeln<br />
wurde er von einem Metzgergesellen im Ausland erstochen.<br />
7. Generation (um 1850)<br />
Der „Gaukler", der von der Mutter her Zigeunerblut führt,<br />
hat gleich vielen seiner Verwandten Jahre seines Lebens im<br />
Zuchthaus zugebracht. Verheiratet mit seiner Nichte, einer<br />
W<strong>und</strong>erdoktorin, die Krankheiten besprach, zog er gewöhnlich<br />
als Hausierer mit einem Karren im Lande umher. Wenn das Paar<br />
für sich, für sein Prassen <strong>und</strong> Zechen <strong>und</strong> seine zahlreiche Familie<br />
viel Geld benötigte, so ging die Frau in einen Stall <strong>und</strong> wußte<br />
durch einfache Praktiken ein Stück Vieh zur Appetitlosigkeit oder<br />
zum Lahmen zu bringen <strong>Ein</strong>ige St<strong>und</strong>en oder Tage später erschien<br />
sie als Wahrsagerin bei dem Bauern <strong>und</strong> erklärte ihm, das Vieh<br />
sei todkrank, sie wolle ihm ihre Kräuter verkaufen. Die Kräuter<br />
waren billig, <strong>und</strong> der Bauer faßte Mut. Das Vieh genas aber nicht.<br />
Nun beschwor sie den Bauern einen Geistlichen zuzuziehen, das<br />
Vieh sei verhext, bevor das Vieh falle, wolle sie schnell einen<br />
holen. Kurze Zeit darauf erschien sie mit ihrem Mann, der eine